Schlecker-Schicksal besiegelt - Hängepartie bei Töchtern

Ulm (dpa) - Die Drogeriemarktkette Schlecker ist Geschichte. Die Schlecker-Gläubiger haben am Dienstag wie erwartet das endgültige Aus des einstigen Marktführers beschlossen, wie Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz nach dem Treffen in Ulm mitteilte.

Eine Fortführung sei nicht mehr zu vertreten gewesen.

Die Kündigungen der noch 13 200 Mitarbeiter sollen zum Ende des Monats rausgehen. Bei einer ersten Schließungswelle hatten schon 11 000 Mitarbeiter ihren Job verloren.

Rund 5000 Beschäftigte der beiden Schlecker-Töchter IhrPlatz und Schlecker XL müssen weiter bangen. Der geplante Verkauf an den Münchner Investor Dubag zieht sich hin. Die Gläubigerversammlung beschloss, den Betrieb fortzuführen, bis dieser an einen Investor übertragen werden kann. Wie der zuständige Insolvenzverwalter Werner Schneider mitteilte, gibt es bereits den Entwurf eines Kaufvertrags. Er sei aber noch nicht unter Dach und Fach. Das Geschäft hänge noch von der Zustimmung des Kreditversicherers Euler Hermes ab.

Die Gläubiger stimmten am Dienstag auch für die Fortführung von Schlecker Homeshopping. Die Online-Sparte soll dann ebenfalls an einen Investor veräußert werden.

Bei den 342 XL-Märkten sind nach Angaben von Schneider aktuell noch 1100 Mitarbeiter beschäftigt. Die Dubag will auch die Schlecker-Tochter IhrPlatz mit 490 Filialen und 3900 Beschäftigten übernehmen und Schlecker XL dort eingliedern. Der Gläubigerausschuss zu IhrPlatz tagt an diesem Mittwoch.

Im Hintergrund geht das Ringen um die bereits sicher geglaubte Rettung der Tochterfirmen weiter. Die Verhandlungen über die Übernahme durch die Dubag liefen noch, sagte ein Sprecher des Kreditversicherers und Gläubigers Euler Hermes. Über Ergebnisse könne erst nach Abschluss des Verfahrens berichtet werden.

Geiwitz sagte, er gehe davon aus, dass sich die Parteien einigen. Allerdings könnte der Deal laut „Wirtschaftswoche“ noch platzen. Grund sei ein Streit über den Wert der Regalware. Dabei gehe es um den Preis, den die Dubag für die in Lagern und Filialen vorhandenen Waren von IhrPlatz und Schlecker XL bei der Übernahme zahlen soll. Euler Hermes wolle mehr Geld als zunächst vereinbart. „Dieser Vorwurf ist falsch“, sagte der Euler-Hermes-Sprecher.

Vor dem Versammlungsort demonstrierten Hunderte Verkäuferinnen des einstigen Branchenprimus. Die Verdi-Landesvorsitzende Leni Breymaier sagte: „Was hier passiert, ist eine Katastrophe für die Schlecker-Frauen und Schande für die soziale Marktwirtschaft.“ Sie forderte Hilfen wie etwa einen Sonderfonds bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) oder Geld für Transfergesellschaften.

Die BA sieht hingegen gute Jobchancen für die vor der Entlassung stehenden verbliebenen Mitarbeiter und hält gesonderte Instrumente nicht für nötig. „Wir haben gerade im Einzelhandel eine hohe Dynamik“, sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt der „Zeit“. Die Bundesagentur suche bereits nach neuen Beschäftigungsmöglichkeiten für die Betroffenen und führe Gespräche mit Firmen wie Amazon, McDonald's, Lidl oder dem Dänischen Bettenlager.

Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz zufolge sind bislang Forderungen in Höhe von 665 Millionen Euro angemeldet worden. Er gehe davon aus, dass die Abwicklung des Konzerns zwischen 500 und 700 Millionen Euro bringen könnte - etwa aus dem Ausverkauf der restlichen Ware sowie der Veräußerung von Immobilien und Auslandsgesellschaften.

Nach einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ haben auch die Schlecker-Kinder Lars und Meike Forderungen von insgesamt rund 176 Millionen Euro angemeldet. Demnach fordert Meike Schlecker 48,43 Millionen Euro und ihr Bruder 48,9 Millionen Euro, hieß es unter Berufung auf die Forderungsliste. Hinzu kämen Forderungen der privaten Logistikfirma LDG in Höhe von 76 Millionen Euro. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) und der Warenkreditversicherer Euler Hermes hätten dreistellige Millionenbeträge als Forderungen angemeldet. Zudem wolle das Finanzamt noch 73,2 Millionen Euro haben.

Geiwitz nahm Firmenpatriarch Anton Schlecker in Schutz und wies Berichte zurück, wonach der frühere Chef der Drogeriekette womöglich viel Geld beiseitegeschafft habe. Kritiker könnten der Familie vieles vorwerfen - etwa, dass sie zu spät auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten reagiert habe. „Nicht aber die Rettung von Vermögen in großem Stil“, sagte der Insolvenzverwalter. Schlecker habe zwischen 2008 und 2011 mehrere Hundert Millionen Euro in das kriselnde Imperium gesteckt. Auch der Anwalt der Familie wies die Vorwürfe zurück: „Die Spekulationen entbehren jeder Grundlage.“

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