Tierwohl und Klimaschutz : Rügenwalder Mühle schafft die Currywurst ab
Bad Zwischenahn Als die Rügenwalder Mühle anfing, Fleisch aus Pflanzen zu verkaufen, war der Widerstand im eigenen Haus groß. Doch mittlerweile macht der Wursthersteller fast 40 Prozent seines Umsatzes vegetarisch. Und der Firmenchef sagt: Es ist an der Zeit, weniger Tiere zu essen.
Egal, ob die Currywurst nun im Ruhrpott erfunden wurde oder doch in Berlin, aus einem Ort kommt Deutschlands wohl beliebtester Imbiss jetzt nicht mehr: In Bad Zwischenahn im Norden Niedersachens hat die Rügenwalder Mühle zum 1. September das Ende ihrer Currywurst aus Fleisch besiegelt. Der Wursthersteller brauche mehr Platz für seine vegetarischen Produkte, sagt Firmenchef Godo Röben. Mehr noch: Die Fleisch- und Wurstbranche habe es in den vergangenen Jahren übertrieben, Tierwohl und Klimaschutz seien auf der Strecke geblieben, sagt der 50-Jährige. „Es ist jetzt an der Zeit, mal 50 Prozent weniger Tiere zu essen.“
Bemerkenswerte Töne für einen der bekanntesten Fleischverarbeiter des Landes. Und eine Strategie, die auch im eigenen Haus anfangs nicht jeden überzeugte. „Natürlich gab es große Widerstände“, sagt Röben über die Einführung der Veggie-Produkte der Rügenwalder Mühle vor fünf Jahren. „Der Vegetarier war ja der natürliche Feind des Fleisch- und Wurstherstellers.“ Aber das bisherige Geschäftsmodell sei einfach nicht mehr zukunftsfähig gewesen.
„Schon vor zehn Jahren konnte man sehen, dass wir drei riesige Probleme im Sortiment haben, die von Jahr zu Jahr größer werden: Tierleid, Gesundheit und Klimawandel“, erinnert sich Röben. Es sei absehbar gewesen, dass die Massentierhaltung wegen der wachsenden Weltbevölkerung nicht weniger werde. Die Weltgesundheitsorganisation WHO habe gewarnt, es werde zu viel Fleisch gegessen. Und die Tierhaltung sei klimaschädlicher als der gesamte weltweite Verkehr. „Wenn man das sieht, dann muss man ein neues Geschäftsmodell haben.“
Doch das Thema fleischlose Ernährung polarisiert. Vor drei Jahren warb der damalige Agrarminister Christian Schmidt (CSU) sogar für ein Verbot von Produktnamen wie „vegetarisches Schnitzel“ oder „vegane Currywurst“. Sein Argument: Die Begriffe seien „komplett irreführend und verunsichern die Verbraucher“. Was nach Fleisch klingt, sollte bitte schön auch vom Tier kommen. So als ob der Verbraucher auch Gefahr laufe, Scheuermilch mit Kuhmilch zu verwechseln.
Ein Blick in die Geschäftszahlen zeigt hingegen, dass es für Fleischersatzprodukte einen Markt gibt. Röbens Veggie-Strategie macht heute 35 bis 38 Prozent des Umsatzes der Rügenwalder Mühle aus. „Das Ziel von 40 Prozent werden wir im nächsten Jahr auf jeden Fall erreichen“, sagt Röben.