Q-Cells in extremer Not - Kein Eigenkapital mehr

Bitterfeld-Wolfen (dpa) - Das börsennotierte Solarunternehmen Q-Cells aus Bitterfeld-Wolfen ist in extremer Not. Ende 2011 verfügte der Konzern nach Bilanzvorschriften des Handelsgesetzbuches über kein Eigenkapital mehr, teilte das Unternehmen mit.

Es werde versucht, mit den einzelnen Gläubigern eine Vereinbarung zu finden. Q-Cells könnte damit weiterhin als unabhängiges Unternehmen bestehen, hieß es in einer Pflichtmitteilung. Die Nachricht habe zunächst keine Auswirkungen auf die Arbeitsplätze, die Situation sei für die Beschäftigten unverändert, sagte eine Firmensprecherin der dpa.

Das finanzielle Gerüst für die Sanierung des seit Jahren angeschlagenen Unternehmens ist indes erst einmal zusammengebrochen. Zugleich hat sich die operative Lage von Q-Cells angesichts der Krise in der Branche weiter verschärft. Zu dem bereits dreistelligen Millionenverlust nach neun Monaten sind neue Abschreibungen hinzugekommen. Q-Cells gebe trotzdem nicht auf, hieß es.

Der Betriebsrat rechnet trotz der angespannten finanziellen Situation mit keinem weiteren Arbeitsplatzabbau. „Es sind keine Stellenstreichungen geplant“, sagte Betriebsratschef Uwe Schmorl der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Mittwoch). Es sei derzeit auch keine Kurzarbeit im Stammwerk Bitterfeld-Wolfen vorgesehen.

Vorstandschef Nedim Cen betonte: „Eine Insolvenz steht im Augenblick nicht zur Diskussion.“ In den seit Wochen laufenden Gesprächen mit den Gläubigern habe Konsens darüber geherrscht, dass dies keine Option sei. Die Liquiditätslage und der Geschäftsplan hätten alle davon überzeugt, weiter zusammenzuarbeiten, sagte Cen: „Es liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch.“ Details wollte er nicht nennen. Wegen des Verlustes des Grundkapitals nach einer Neubewertung von Beteiligungen sollen die Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung geladen werden. Dies werde voraussichtlich im März sein, wie die Unternehmenssprecherin sagte.

Q-Cells hat rund 2200 Beschäftigte. Die Firma produziert an ihrem Sitz in Bitterfeld-Wolfen (Kreis Anhalt-Bitterfeld) und in Malaysia Solarzellen und -anlagen, mit deren Hilfe aus Sonnenkraft Energie erzeugt wird. Unterdessen herrscht in der Region Sorge um den Erhalt der Arbeitsplätze der einstigen Vorzeigefirma in Sachsen-Anhalt. Im Oktober 2011 hatte Q-Cells angekündigt, dass bis zum Jahresende am Standort Bitterfeld-Wolfen 250 Arbeitsplätze wegfallen. Zuvor waren bereits 500 Jobs gestrichen worden.

Mit Blick auf das laufende Jahr äußerte sich Cen „verhalten optimistisch“. Für 2012 rechnet er erneut mit einem Verlust und geht davon aus, dass sich die Lage nur langsam bessern wird. Um wieder in die Gewinnzone zurückkehren zu können, müsse die Finanzsituation geklärt werden und der drastische Preisverfall auf dem von chinesischen Unternehmen überfluteten Markt gestoppt werden.

Die Probleme von Q-Cells hatten sich verschärft, nachdem das Landgericht Frankfurt/Main am Montag den bisher geplanten Weg der Restrukturierung gekippt hatte. Demnach ist keine Einigung mit allen Gläubigern gleichzeitig möglich. Q-Cells will diese Entscheidung anfechten. Die Aktie des Unternehmens fiel an der Frankfurter Börse auf den tiefsten Stand der Unternehmensgeschichte.

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