Ukraine-Krieg Putin erwartet Rekordernte von Weizen und bietet Exporte an

Aufgrund des Ukraine-Krieges können keine Agrarerzeugnisse aus Europas größter Getreidekammer exportiert werden. Ausgerechnet der Aggressor, Russland, sieht sich aufgrund einer prognostizierten Rekordernte als Problemlöser.

 Der russische Präsident hat angeboten bei einem Weizenüberschuss zu exportieren.

Der russische Präsident hat angeboten bei einem Weizenüberschuss zu exportieren.

Foto: dpa/Martin Gerten

Russlands Präsident Wladimir Putin erwartet in diesem Jahr eine Rekordernte beim Weizen und hat eine Steigerung des Exports angekündigt. „Nach Einschätzung von Spezialisten - das sind natürlich nur vorläufige Schätzungen - könnte sich die Getreideernte auf 130 Millionen Tonnen belaufen, darunter 87 Millionen Tonnen Weizen“, sagte der Kremlchef am Donnerstag auf einer Regierungssitzung. Seinen Angaben nach wäre das ein Rekord beim Weizen.

Russland ist einer der größten Getreideproduzenten weltweit mit einer wichtigen Rolle für die Welternährung. Immer problematischer wird die Situation in den Getreidelagern der Ukraine, die ebenfalls zu den wichtigsten Weizenexporteuren der Welt zählt: „20 Millionen Tonnen Getreide müssen die Ukraine in weniger als drei Monaten verlassen“, sagte die für Verkehr zuständige EU-Kommissarin Adina Valean. Das Getreide drohe die Lagerstätten zu blockieren, die für die nächsten Ernten benötigt würden. Die Ukraine kann wegen der durch Russland blockierten Häfen im Schwarzen Meer derzeit nichts ausführen.

Putin kündigte an, bei einem entsprechenden Ernteresultat auch den Export wieder anzukurbeln. Der Rekord „erlaubt es uns, nicht nur problemlos unsere eigenen Bedürfnisse zu decken, sondern auch die Lieferungen auf den Weltmarkt für unsere Partner zu steigern, was für den globalen Lebensmittelmarkt wichtig ist“, sagte er.

Kiew wirft dem Nachbarn vor, Getreidelager geplündert und Agrarprodukte ins eigene Land gebracht oder vernichtet zu haben. Am Donnerstag sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba im ARD-Morgenmagazin, Russland handele jetzt mit ukrainischem Getreide, das es in der Südukraine in Besitz genommen habe.

Vor dem Hintergrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine sind die Lebensmittelpreise in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen. In vielen Regionen wird eine schlechte Ernte erwartet, weil die vom Westen verhängten Sanktionen gegen Russland und Belarus auch den Export von Düngemitteln beeinträchtigen.

Wegen der angespannten Lage hat die EU-Kommission nun einen Aktionsplan veröffentlicht, wie Exporte der Ukraine auf dem Landweg verkauft werden können. Über sogenannte Solidaritätsspuren sollen aber auch Güter wie humanitäre Hilfe ins Land gebracht werden. Zu den Herausforderungen zähle, dass die ukrainischen Waggons nicht mit dem Großteil des EU-Schienennetzes kompatibel seien, so dass die meisten Waren auf Lastwagen oder andere Waggons umgeladen werden müssten. Für diesen zeitaufwendigen Prozess gebe es an den Grenzen zudem nur wenige Anlagen.

Die EU-Kommission ruft nun private und staatliche Stellen auf, mehr Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen und eine Logistikplattform einzurichten, um Prozesse zu koordinieren. Lebensmittelexporten aus der Ukraine solle Vorrang eingeräumt werden, und EU-Staaten seien auch aufgerufen, den Zoll und andere Stellen mit ausreichend Personal auszustatten sowie „ein Höchstmaß an Flexibilität walten zu lassen“.

Die angespannte Lage auf den Agrarmärkten steht an diesem Freitag und Samstag auch im Zentrum eines Treffens der G7-Agrarminister in Stuttgart. Bundesminister Cem Özdemir (Grüne) als Gastgeber sagte bereits am Wochenende, davon solle ein Signal ausgehen: „Die Reihen für eine gesicherte Ernährung weltweit und für freien Handel sind geschlossen.“ Erwartet wird auch der ukrainische Ressortchef. Der G7-Gruppe gehören Deutschland, Kanada, Frankreich, Italien, Japan, die USA und Großbritannien an.

(dpa)
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