Premiere für den High-Tech-Flieger

Der neue Militär-Airbus absolvierte gestern seinen Jungfernflug. Streit gibt es um die Kosten des A400M.

Sevilla. In den Hochglanzbroschüren von "Airbus Military" schwebt der neue Wunderflieger "A400M" bereits hoch über den Wolken, wirft Fallschirmjäger ab und betankt durstige Düsenjäger. Doch das sind nur Fotomontagen. Am Freitag, bei seinem Jungfernflug in Sevilla, konnte der zum Pannenflieger abgestempelte Lufttransporter zumindest nachweisen, dass er wirklich abheben kann.

Es ist ein Völkchen für sich, das sich in diesem historischen Augenblick auf dem steinigen Acker am Rande der Startbahn versammelt hat. Hunderte Schlipsträger im dunkelblauen Businessanzug sind aus ganzen Europa hierher gekommen, an der Spitze der französische EADS-Vorstandschef Louis Gallois und der deutsche Airbus-Chef Tom Enders. Luftwaffen-Generäle aus sieben Ländern, voller Vorfreude über ihr neues Spielzeug, werfen sich stolz in die Brust. Später, bei der butterweichen Landung, steht auch König Juan Carlos applaudierend auf der Bühne.

"Wunderbar, diese Laufruhe", schwärmen die Offiziere der deutschen Luftwaffe, als der "A400M" an ihnen vorbeischwebt. Tatsächlich ist die Turboprop-Maschine, die von vier mächtigen 10000-PS-Triebwerken angetrieben und von Chefpilot Edward "Ed" Strongman (60) gesteuert wird, selbst aus kurzen Distanz leiser als ein elektrischer Rasenmäher. Derzeit müssen die europäischen Luftwaffen mit meist völlig veralteten Luftkutschen vom Typ "Transall" und "Hercules" zurechtkommen, die im Fall der Bundeswehr bis zu 40 Jahre auf dem Buckel haben.

Der Jungfernflug führte den "A400M" erst einmal in den spanischen Luftraum; fast vier Stunden lang zieht er seine Bahnen über Andalusien und der Extremadura. An Bord: die sechsköpfige Crew und über 20 Tonnen Testgerät - kilometerweise Strippen sowie Sensoren und Rechner. Ein aufwändiges Testprogramm, das sich über drei Jahre und 3700 Flugstunden erstreckt, wird sich dem Erstflug anschließen.

Und das ist ein Problem: Denn zum Leidwesen der sieben A400M-Vertragsnationen (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Luxemburg, Belgien, Türkei) ist die EADS-Tochter "Airbus Military" mit ihrem Zeitplan um mindestens drei Jahre in Verzug geraten. Und: Der Verkaufspreis ist explodiert. Schätzungen zufolge sollen die 180 bestellten Exemplare, davon 60 für Deutschland, nicht 20 sondern mindestens 25 Milliarden Euro kosten. Dem "Pannenvogel" droht also kurz nach der glanzvoll inszenierenden Premiere der Absturz.

Schuld an dieser Misere hat in erster Linie EADS. In einem Anflug von Größenwahn hatten die euphorisierten Vorstände den Vertragspartnern 2003 nämlich ein Fixpreis-Versprechen gemacht, das in der Rüstungsbranche völlig unüblich ist. Nun dringt Airbus-Chef Tom Enders darauf, bei gleichem Preis die Stückzahlen zu verringern. Doch da ziehen die notorisch klammen Verteidigungsminister nicht mit.

Bei allem Prestigeverlust hält EADS dennoch den größten Trumpf im A400M-Poker in der Hand. Lassen die Verteidigungsminister den Pannenvogel abstürzen, verpassen sie der europäischen Luftfahrtindustrie einen schmerzhaften Tritt ins Rückgrat. Denn allein am "A400M" hängen über 40000 Arbeitsplätze, davon allein 11000 in Deutschland.

EADS-Boss Gallois jedenfalls ist optimistisch. "Ja, wir werden eine Lösung finden", sagt er unserer Zeitung. Und der deutsche Verteidigungsstaatssekretär Rüdiger Wolf bekennt: "Wir haben keine Alternative zum A400M."

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