Pleitewelle überrollt NRW

Die Zahl der Firmeninsolvenzen steigt um 18,2 Prozent. Betroffen sind Kleinbetriebe.

Düsseldorf. Trotz der konjunkturellen Erholung ebbt die Pleitewelle in Deutschland nicht ab. "Nachdem die erste Welle zu Beginn 2009 den Industriesektor mit voller Wucht getroffen hatte, erwischt die zweite Welle jetzt Dienstleister und Händler", sagte Helmut Rödl, Chef der Wirtschaftsauskunftei Creditreform, in Düsseldorf. Dennoch schöpfte er auch Hoffnung: Statt der bisher prognostizierten Firmenpleiten für dieses Jahr erwartet Rödl nur noch 34000 bis 36000.

Im ersten Halbjahr mussten in Deutschland 17360 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen, 7,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Dabei ging die Zahl der spektakulären Insolvenzfälle (über 50 Millionen Euro Jahresumsatz) wie beispielsweise Arcandor auf nur noch 40 zurück. Dagegen waren in den letzten sechs Monaten zu fast zwei Dritteln Kleinbetriebe mit unter einer halbe Million Euro Jahresumsatz betroffen - insgesamt 11050 Fälle.

Das kleinteiligere Insolvenzgeschehen hielt aber auch die Schäden in Grenzen, die mit 14,7 Milliarden um 6,1 Milliarden Euro niedriger lagen als im Vorjahreshalbjahr. Die mittlere Schadenssumme bei privaten Gläubigern erreichte im ersten Halbjahr laut Rödl 588000 Euro nach 882000 im Jahr zuvor. Durch die Insolvenz das Arbeitgebers waren in den ersten sechs Monaten Arbeitsplätze von 155000 Beschäftigten bedroht. Trotz des Insolvenzanstiegs fast 40 Prozent weniger als im Vorjahr mit 254000 bedrohten Jobs.

Mehr als doppelt so stark wie die Bundeszahlen ist das Insolvenzgeschehen in NRW angestiegen. Die Zahl der Firmenpleiten erhöhte sich im ersten Halbjahr um 18,2 Prozent auf 6170. Im Regierungsbezirk Düsseldorf schwappte die Pleitewelle um 15,1 Prozent auf 1910 Fälle hoch. Rödl erklärte die Zunahme gegenüber unserer Zeitung mit Folgeinsolvenzen, besonders im Maschinenbau und bei den Autozulieferern im Bergischen Land und Sauerland.

Laut Rödl sind viele Mittelständler finanziell angeschlagen, ihre Kapitalreserven sind nach eineinhalb Jahren Krise erschöpft. Jeder sechste erhalte keinen Kredit mehr. Von "Kreditklemme" möchte Rödl aber nicht sprechen.

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