Pfusch am Bau: Bauherren sind oft zu unvorsichtig

Berlin (dpa) - Private Bauherren müssen nach Einschätzung von Experten und Verbänden besser vor Pfusch am Bau geschützt werden - oft jedoch seien die Häuslebauer selbst schuld an ihrer Misere.

„Durch den Kauf einer schlüsselfertigen Immobilie werden alle Planungs- und Überwachungsleistungen aus der Hand gegeben (...) im Glauben, man kann etwas sparen“, sagte der Bausachverständige Dieter Ansorge am Montag. Dann werde aber nicht mehr kontrolliert. „Die Leute wollen heute Häuser haben zum Preis eines Kleinwagens, die aber den Standard eines Mercedes haben sollen.“

Laut Ansorge gebe es im Bauwesen pro Jahr mindestens einen Schaden in Höhe von fünf Milliarden Euro wegen Pfusch am Bau. Viele Firmen betrögen bewusst. „Es gibt keinen Bau mehr ohne Mängel“, sagte er. Der Verband Privater Bauherren (VBP) hat indes in einer Studie festgestellt, dass 97 Prozent der Standardverträge, die Bauherren mit Generalunternehmern oder einem Bauträger abschließen, Mängel haben.

Auch der VBP sieht die Häuslebauer stärker in der Verantwortung. Diese achteten oft zu wenig auf den Vertrag mit dem Generalunternehmer und verzichteten auf Expertenrat und Kontrolle während des Bauens, sagte Eva Reinhold-Postina vom VBP. „Die Prüfung von Handwerkerrechnungen, der technischen Ausführung, des verwendeten Materials - das können Sie selbst nicht überblicken, da brauchen Sie Rat von Experten.“

In den vergangenen Jahren wurden laut Angaben des Statistischen Bundesamts insgesamt über 40 000 Baustreitigkeiten im Jahr vor deutschen Amtsgerichten und in erster Instanz vor den Landgerichten erledigt.

Die Bundesregierung prüft inzwischen, wie Bauherren besser geschützt werden können. Allerdings steht der Prozess noch am Anfang. Eine Expertengruppe untersuche auch gesetzliche Neuregelungen des Bauvertragsrechts, bestätigte ein Sprecher des Justizministeriums am Montag einen entsprechenden Bericht der „Welt“ (Montag). Überprüft werden solle etwa das Insolvenzrecht. „Da ist die Frage, ob der existierende Schutz der Verbraucher gegen Zahlungsausfälle durch insolvent gegangene Bauunternehmen ausgeweitet werden kann“, sagte der Sprecher.

Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) stellte sich hinter die Unternehmen. „Denn eine Vielzahl sogenannter Mängel resultiert daraus, dass während der Bauphase die Planung seitens des Bauherrn geändert wird, was zwangsläufig zu Kostensteigerungen führt, über die dann trefflich gestritten werden kann“, erklärte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa.

Der Verband Privater Bauherren und die Bundesarchitektenkammer hatten in dem „Welt“-Bericht gefordert, dass Häuslebauer besser vor unseriösen Baufirmen und Pfusch am Bau geschützt werden müssten. Die „Welt am Sonntag“ hatte unter Berufung auf Fachleute berichtet, dass Pfusch und Betrug im Zuge des Baubooms zunähmen. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes über 96 000 neue Wohngebäude errichtet. Im Jahr zuvor waren es rund 84 000 gewesen.

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