Meinung Paketdienste - Warum der Eingriff des Staates zwingend notwendig ist

Meinung · Es herrscht Wildwuchs bei den Paketdiensten. Die Branche steht geradezu beispielhaft für die Schattenseiten der Digitalisierung. Die SPD will gegen die Zustände jetzt etwas tun. Das ist nur zu begrüßen.

 Ein Paketbote der Post schiebt eine Sackkarre mit Paketen über Straße (Symbolbild).

Ein Paketbote der Post schiebt eine Sackkarre mit Paketen über Straße (Symbolbild).

Foto: dpa, mch kde tmk

Aus Bequemlichkeit ordern immer mehr Menschen im Internet und gehen nicht zum Einzelhändler an der Ecke. So es ihn noch gibt. Dadurch werden auch immer mehr Pakete verschickt, doch die Zusteller bekommen kaum etwas ab von der Hochkonjunktur in ihrer Sparte. Im Gegenteil: Es herrscht Wildwuchs im Gewerbe. Die Branche steht geradezu beispielhaft für die Schattenseiten der Digitalisierung.

Die Tausenden Boten der großen Konzerne stehen erheblich unter Druck, sie werden miserabel für ihre knochenharte Arbeit  bezahlt, die soziale Absicherung ist schlecht und wehe, einer wird mal krank. Zugleich ist der Konkurrenzkampf, der über Subunternehmen geführt wird, extrem hart. Insbesondere Arbeitskräfte aus Osteuropa werden nach Erkenntnissen des Zolls häufig regelrecht ausgebeutet. Das zu ändern, ist dringend notwendig. Schließlich brauchen auch die Ausläufer des Online-Handels und der angeblich schönen, neuen Arbeitswelt im digitalen Zeitalter klare Regeln im Interesse von Arbeitnehmern.

Die SPD will gegen die Zustände jetzt etwas tun. Das ist nur zu begrüßen. Denn wenn eine offenbar überforderte, vielleicht sogar unwillige Branche im Wachstumswahn nicht in der Lage ist, sich selbst zu regulieren, dann ist der Eingriff des Staates von außen zwingend. Arbeitsminister Heil will per Gesetz die großen Logistikfirmen in Haftung nehmen, wenn die unterschlagenen Sozialversicherungsbeiträge bei den Subunternehmern nicht einzutreiben sind. Er setzt auf die abschreckende Wirkung und hofft damit auf weitergehende Veränderungen. So, wie das im Bau- und Fleischsektor schon gelungen ist. Der Weg des Ministers ist richtig. Wer die Arbeit auslagert, muss auch dafür geradestehen. Das schützt zugleich die ehrlichen und fair agierenden Unternehmen. Und die Branche insgesamt könnte dann endlich begreifen, dass sie die Arbeitsbedingungen für ihre Mitarbeiter verbessern und Missstände auch selbst beseitigen muss.

 Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Ein Kommentar von Hagen Strauß.

Foto: nn

Den Verbraucher kann man nicht aus seiner Verantwortung entlassen. Wer im Internet bestellt, muss wissen: Noch sind es keine Drohnen, die die Auslieferung übernehmen. Es sind Menschen, die  zunehmend zum Arbeitsprekariat gehören. Zusteller würden besser entlohnt, wenn Konsumenten anerkennen, dass ihre Leistung geschätzt werden muss. Denn sie ersparen einem die Zeit, sich selbst auf den Weg ins nächste Geschäft zu machen. Dieser Komfort hat einen Wert. Höhere Löhne rechtfertigen auch höhere Preise. Damit das Geld freilich tatsächlich bei den Paketzustellern ankommt, braucht es Gewerkschaften, die das durchsetzen. Und eine Politik, die dies mit konsequenten Regeln flankiert.

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