Opel: Sprung vom sinkenden Schiff

Der Automobilhersteller sucht sein Heil in einer teilweisen Trennung von der Mutter GM. Entscheidend ist aber eine Hilfe des Staates.

Rüsselsheim. Opel verlässt das sinkende Schiff General Motors (GM) - zumindest teilweise. Management und Aufsichtsrat des Autobauers haben am Freitag in Rüsselsheim die Rettungsringe ins kalte Wasser geworfen und einen Hüpfer in eine eigenständige Zukunft gewagt. Ziel des verabschiedeten Rettungsplans ist eine weitgehende Abkopplung von der US-Mutter, die massiv von der Insolvenz bedroht ist. Nach den Vorstellungen aus Rüsselsheim soll die Marke mit dem Blitz zusammen mit der britischen Schwester Vauxhall in einer eigenständigen europäischen Aktiengesellschaft bald wieder in die Gewinnzone fahren - und zwar schon 2011.

Den ganz großen Sprung trauen sich die Europäer aber - noch - nicht zu: Künftig sollen zwar die Gewinne in Europa bleiben und die strategischen Entscheidungen auch hier gefällt werden. Auf die für den preiswerten Einkauf erforderliche Größe der Mutter und die Technologie aus den USA will der Autobauer aber nicht verzichten. GM bleibt auch 80 Jahre nach der Adoption Mutter von Opel, muss sich das Kind aber künftig teilen. GM soll möglichst mehr als 50 Prozent halten, sagte GM Europa-Chef Carl-Peter Forster. Eventuell muss sich Detroit aber auch mit weniger zufriedengeben. Schließlich ist es kaum vorstellbar, dass Übernahme-Interessenten angesichts der aktuellen Krise der Automobilbranche Schlange stehen werden: Daher bleibt General Motors vielleicht keine andere Wahl, als sich den Vorstellungen eines Bieters zu beugen.

Ob der Rettungsplan Erfolg haben wird, hängt nun auch vom Staat ab. Opel hat kein eigenes Geld und nicht mal ein eigenes Konto, und Privatinvestoren sind derzeit nicht in Sicht. 3,3 Milliarden Euro benötigt der Autobauer aus öffentlichen Mitteln, die er aber 2014 oder 2015 wieder zurückbezahlen will. Dabei ist noch längst nicht entschieden, ob die Regierungen bereit sind, derart die Taschen zu öffnen. Die Gefahr besteht, ein Fass ohne Boden zu öffnen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) warnte: "Ich bin ausgesprochen zurückhaltend und bleibe ausgesprochen zurückhaltend zu glauben, dass der Staat der geeignete Investor ist."

Aus der GM-Zentrale im fernen Detroit gab es für die deutsche Tochter am Freitag offiziell nichts als Schweigen. Die Beinahe-Todesnachricht hatte der taumelnde US-Riese schon tags zuvor über den Atlantik geschickt: ein schwindelerregender Jahresverlust von fast 31 Milliarden Dollar - oder täglich rund 85Millionen Dollar. Eine Pleite rückt damit laut vielen Experten immer näher. Selbst GM-Chef Rick Wagoner muss inzwischen einräumen, dass die Wirtschaftsprüfer GM diesmal wohl ihren Segen verweigern könnten.

Trotz der Unwägbarkeiten ist die Trennung nach Überzeugung des Auto-Experten Wolfgang Meinig Opels einzige Überlebenschance. "Opel muss sauber herausgetrennt werden", sagte der Fachmann von der Forschungsstelle Automobilwirtschaft (FAW). "Es müssen rechtlich, organisatorisch, personell und finanziell klare Grenzen gezogen werden."

Unterdessen heißt die wirklich allerletzte Hoffnung für GM Barack Obama. Ohne neue Staatsmilliarden stehen in wenigen Wochen alle Bänder still. Der US-Präsident aber stellt die gleichen Bedingungen wie Bundeskanzlerin Angela Merkel: Staatsgelder dürfen nichts ins Ausland fließen. Auch GM forciert daher die - zumindest formale - Trennung von Opel, heißt es in Detroit hinter vorgehaltener Hand.

Allerdings sieht die Zukunft für GM ohne Opel womöglich noch düsterer aus als ohnehin. Der abstürzende US-Markt reicht Experten zufolge auf absehbare Zeit nicht, um Geld zu verdienen.

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