Oettinger empfiehlt Energiekonzernen Fusionen

Brüssel (dpa) - EU-Energiekommissar Günther Oettinger macht sich für Fusionen von deutschen Energiekonzernen stark - und erhofft sich davon sinkende Preise für die Verbraucher. Im Weltmaßstab spielten viele Energieriesen nur in der Regionalliga.

Das sagte der deutsche EU-Kommissar in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Brüssel. „Es ist unser Interesse, Champions oder Global Players zu haben“. Dies sei der Anspruch der deutschen Standortpolitik in allen wichtigen Sektoren wie der Chemie, der Autoindustrie oder im Maschinenbau.

„Nur im Energiebereich haben wir eine umgekehrte Entwicklung. Die nicht ganz Großen sind im europäischen Maßstab eher geschwächt“, sagte der CDU-Politiker. Energieriesen wie die US-Konzerne Exxon und Chevron, der russische Gaslieferant Gazprom oder auch der französische Stromriese EDF dominierten den Markt. Oettinger plädiert deshalb für einen nationalen Player von entsprechender Größe. Zuletzt hatte Oettinger eine Fusion des Essener Konzerns RWE und Eon ins Gespräch gebracht. Deutschlands Energiekonzerne stehen wegen des beschlossenen Atomausstiegs unter Druck.

Mehr Konkurrenz großer Konzerne und ausländischer Anbieter käme auch den Verbrauchern zugute. „Ich erwarte mir mehr Wettbewerb. Das heißt tendenziell sinkende Preise“, sagte Oettinger. 2011 zahlte ein Normalverbraucher in Deutschland laut Bundesnetzagentur im Schnitt knapp 26 Cent pro Kilowattstunde - knapp die Hälfte des Preises entsteht nach EU-Angaben durch Steuern und Abgaben. Deutschland zählt weltweit zu der Spitzengruppe bei den Strompreisen und liegt europaweit auf Platz zwei. Stärkere Konkurrenz könnte nach Oettingers Worten Teuerungen, die aus der Umstellung der europäischen Energieversorgung auf eine CO2-arme Produktion stammten, ausgleichen.

Kommissar Oettinger warnte die Bundesregierung vor neuen Gebühren, Auflagen und Steuern, die den Energiepreis nach oben treiben könnten. „Das ist der Erfindungsreichtum der Politik - oder man kann auch sagen, die Haushälter haben zu stark Energiepolitik gemacht und damit dem Energiemarkt nicht nur Nutzen gebracht“, kritisierte der frühere baden-württembergische Ministerpräsident. Als Beispiele nannte Oettinger Konzessionsgebühren, die Brennelemente- und die Ökosteuer.

Voraussetzung für Fusionen sei, dass sich alle wettbewerbsrechtlichen Probleme ausräumen ließen. Mehr Wachstum und Stärke könne sich aber auch aus einer engeren Verbindung mit den Stadtwerken und den Kommunen Deutschlands ergeben. „Ich kann mir einen Verbund von Stadtwerken vorstellen plus einen der Großen. Ich kann mir auch etwas vorstellen grenzüberschreitend“, sagte Oettinger. Er sehe strategischen Handlungsbedarf, „wenn man eine Energiepolitik entwickeln will und den Siemens oder den VW der Energiewirtschaft haben will.“

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