Nigel Farage: Der Anti-Europäer, der im Europaparlament sitzt

Nigel Farage gilt als schrägster britischer Politiker. Er hat nur ein Ziel: den Ausstieg aus der EU.

London. Die geldverschlingende Krake von Brüssel, sie ist bei diesem EU-Gipfel erklärter Erzfeind für den britischen Premier David Cameron. Hinter seinem Wunsch, das EU-Budget zu schrumpfen, steckt aber die Furcht vor einem gefährlicheren Gegner: Nigel Farage, Gründer der britischen Anti-EU-Partei UKIP, greift fleißig Stimmen frustrierter Wähler ab. Und ausgerechnet der kratzbürstige Außenseiter sitzt selbst im Europaparlament.

Debatten mit Nigel Farage sind eine ziemlich lebhafte und bisweilen miserable Angelegenheit. „Sie haben das Charisma eines feuchten Lappens und die Erscheinung eines niederen Bankangestellten“, beschied der Brite unlängst EU-Präsidenten Herman van Rompuy. Der erstarrte bei diesem Affront auf dem Parlamentssessel, während Farage gnadenlos weiterwütete: „Wer sind Sie? Niemand kennt Sie. Wer hat Sie überhaupt gewählt?“

Die Schimpftirade brachte dem UKIP-Gründer 3000 Euro Strafe, aber auch neue Fans ein. Ob Politiker das Enfant terrible hassen oder heimlich amüsant finden, ist seitdem egal — an Nigel Farage kommen sie nicht mehr vorbei.

1993 warf der Hardliner bei den Konservativen wegen der Ratifizierung des Maastrichter Vertrages das Handtuch und gründete seine eigene Partei. Ihr Ziel: der Ausstieg aus der EU. Die Unterstützung für Farage dümpelte lange stabil auf mickrigem Niveau. Doch der Zuspruch steigt nun rapide: Bei Unterhaus-Wahlen würden 14 bis 16 Prozent der Briten für Farage stimmen, bei EU-Wahlen 2014 sogar 23 Prozent.

Dass Cameron den Briten nun für 2017 ein Referendum zur EU-Mitgliedschaft versprochen hat, schreibt Farage sich nicht zu Unrecht auf seine Fahne. Er ist nicht nur Großbritanniens bekanntester EU-Gegner, sondern einer der schrägsten Politiker überhaupt. Die Sympathien fliegen ihm zu, gerade weil er die Political Correctness zum Teufel jagt. Im Rauchverbot zündet er sich demonstrativ seine Rothmans an.

Sein Flugzeugabsturz 2010 machte den 48-Jährigen erst recht zum Mythos. Ein Werbebanner, das er am Wahltag flattern lassen wollte, verfing sich im Propeller der Maschine. Farage kletterte nach dem Unfall trotz Rippenbrüchen und Wirbelsäulen-Splitterverletzung mit akkurat sitzender Krawatte aus dem Wrack.

Verheiratet ist Ex-Broker Farage übrigens mit einer Deutschen — eine Achillesferse in seiner Anti-Europa-Argumentation, wie auch er erkennen muss. „Mir sind die Gefahren eines deutsch dominierten Haushaltes bewusst“, pariert Farage den Spott. Seine Kritik hat er nun trotzdem verfeinert: Er wolle mit Europa befreundet sein, aber nicht von ihm regiert werden.

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