Nach Jahren des Booms: Warum der NRW-Tourismus eine Flaute erlebt

Ungewohnte Töne aus dem Urlaubsland NRW: Erstmals seit vielen Jahren ist die Zahl der Übernachtungen leicht rückläufig. Dabei gibt es regionale Unterschiede.

 Im Bergischen Land ist es schön, wie hier an der Wupper mit der Schleiferei Wipperkotten im Hintergrund. Trotzdem hat das Bergische Städtedreieck Solingen, Wuppertal, Remscheid mit rückläufigen Touristenzahlen zu kämpfen.

Im Bergischen Land ist es schön, wie hier an der Wupper mit der Schleiferei Wipperkotten im Hintergrund. Trotzdem hat das Bergische Städtedreieck Solingen, Wuppertal, Remscheid mit rückläufigen Touristenzahlen zu kämpfen.

Foto: Bernd F. Meier

Düsseldorf. Ungewohnte Töne aus dem Urlaubsland NRW: Erstmals seit vielen Jahren ist die Zahl der Übernachtungen leicht rückläufig. Zwischen Januar und Mai gab es ein Minus von 0,1 Prozent auf 20,2 Millionen Gäste. Damit belegt NRW knapp vor Baden-Württemberg und deutlich hinter Bayern im Bundesvergleich aber immer noch Platz 2 (siehe Grafik).

Tonia Haag von Tourismus NRW nennt auf Nachfrage dieser Zeitung zwei Gründe: „Dies ist darauf zurückzuführen, dass weniger Messen stattgefunden haben und dass aufgrund des langanhaltenden guten Wetters und der langen Wochenenden die Gäste mehr an die Küsten gefahren sind.“ Sie verweist auf Schleswig Holstein mit einer Zuwachsrate von 20,5 Prozent.

Der Blick auf die einzelnen Reisegebiete in NRW zeigt, dass die Regionen Siegerland-Wittgenstein und Sauerland auch in diesem Jahr bisher gut abschneiden (siehe Grafik). Deutlich negativ läuft es dagegen im Bergischen Städtedreieck (Solingen, Wuppertal, Remscheid) sowie in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis. Obwohl es auch dort bis Mai weniger Gäste als im gleichen Zeitraum des Vorjahres gab, behauptet die Region Köln mit dem Rhein-Erft-Kreis mit mehr als drei Millionen Übernachtungen die Position als wichtigstes Reisegebiet in NRW.

2017 war für den Tourismus in NRW das achte Wachstumsjahr in Folge. Die Zahl der Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit mehr als neun Betten kletterte erstmals über 50 Millionen (51,5 Millionen, plus 3,5 Prozent). Die stärkste Region war mit 7,6 Millionen Übernachtungen (plus 7,3 Prozent) Köln mit dem Rhein-Erft-Kreis, gefolgt vom Teutoburger Wald mit 6,9 Millionen (plus 2,6 Prozent) und dem Sauerland mit 6,8 Millionen (plus 4,8 Prozent) Übernachtungen. Die Niederländer waren im vergangenen Jahr mit 2,6 Millionen Übernachtungen (plus 3,7 Prozent) mit Abstand die wichtigste ausländische Gästegruppe in NRW. Auf den nächsten Plätzen folgen das Vereinigte Königreich mit 762 000 Übernachtungen (minus drei Prozent) und Belgien mit 703 000 Übernachtungen (plus 1,8 Prozent).

Köln ist nach wie vor ein beliebtes Ziel für Touristen.

Wie groß die ökonomische Bedeutung des Tourismus in NRW ist, zeigt eine Studie aus dem Jahr 2015. Demnach finden in dieser Branche 424 000 Menschen und damit knapp fünf Prozent aller Erwerbstätigen Beschäftigung. Mit Blick auf den Arbeitsmarkt ist der Tourismus wichtiger als die Informations- und Kommunikationsbranche und etwa so groß wie das Baugewerbe und die öffentliche Verwaltung in NRW.

Laut Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) reicht das aber längst nicht aus. Im Durchschnitt der anderen Bundesländer seien zehn Prozent der Menschen im Tourismus beschäftigt. „Da ist bei uns mit fünf Prozent noch viel Luft nach oben“, so Pinkwart im Frühjahr auf der Tourismus-Börse in Berlin. Um gezieltere Angebote machen zu können, müsse die Branche mehr über ihre Kunden wissen. „Dazu brauchen wir Nutzerprofile“, sagte Pinkwart. Durch die Digitalisierung werde die Zahl der Reisen noch zunehmen. NRW müsse es gelingen, ein noch größeres Stück vom Tourismus-Kuchen zu bekommen. Wenn jemand in NRW Urlaub mache, sollte dem Gast digital angezeigt werden, welche lohnenden Ziele es in der Nachbarschaft noch gebe. Es gehe darum, den Event-Charakter vieler Reisen zu verstärken. Die Landesregierung werde dazu 2019 eine neue Tourismusstrategie vorlegen.

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