Märkte trotzen Abstufung des Euro-Rettungsfonds

Frankfurt/Berlin (dpa) - Die Finanzmärkte trotzen der Herabstufung des Euro-Rettungsfonds EFSF. Der erwartete Schritt der US-Ratingagentur Standard & Poor's hielt Anleger nicht davon ab, in den EFSF zu investieren.

Bei einer Auktion von Geldmarktpapieren flossen dem europäischen Krisenfonds wie angestrebt 1,5 Milliarden Euro zu, die Zinsen bewegten sich auf einem niedrigen Niveau. Spanien konnte sich zu günstigen Konditionen Geld leihen.

Standard & Poor's hatte am Montagabend, drei Tage nach dem Rundumschlag gegen neun Euro-Staaten, auch den EFSF abgestuft. S&P senkte die Bonität von der Bestnote „AAA“ auf „AA+“. Die Agentur begründete dies mit dem Verlust der Topbonität von Frankreich und Österreich. Bisher wurde der Rettungsfonds von sechs Euroländern mit Bestnote gestützt, jetzt bleiben nur noch Deutschland, die Niederlande, Finnland und Luxemburg. Die Märkte blieben trotzdem gelassen, der neuerliche S&P-Schritt war erwartet worden.

Versteigert wurden sechsmonatige EFSF-Papiere. Mit 0,266 Prozent lagen die Zinsen sogar auf niedrigerem Niveau als die Rendite der umlaufenden Dreimonatspapiere des EFSF. Die Auktion der in der Vergangenheit nicht immer begehrten Schuldverschreibungen war auch hinsichtlich des Kaufinteresses ein voller Erfolg: Die Nachfrage hätte ausgereicht, um das 3,1-fache der Papiere am Markt zu platzieren.

Der Euro machte nach den heftigen Verlusten infolge des S&P-Rundumschlags weiter Boden gut. Der deutsche Leitindex Dax lag am Nachmittag rund eineinhalb Prozent im Plus.

Gute Nachrichten gab es auch für Spanien: Das Land konnte sich bei einer Auktion zu deutlich geringeren Zinsen refinanzieren als bisher. Mit einer Versteigerung von Papieren mit Laufzeiten von 12 und 18 Monaten sammelte das spanische Schatzamt nach eigenen Angaben 4,88 Milliarden Euro ein. Am Montag hatte sich bereits Frankreich trotz des „AAA“-Verlustes 8,59 Milliarden Euro frisches Geld an den Finanzmärkten geliehen. Die Zinsen für kurzfristige Geldmarktpapiere sanken sogar im Vergleich zur letzten Versteigerung.

Die EU-Kommission reagierte demonstrativ gelassen auf die EFSF-Abstufung. „Dieser Schritt ist eine technische Folge der Herabstufung mehrerer Euro-Länder und belegt keineswegs einen Vertrauensmangel“, sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn in Brüssel. Die Auktion der EFSF-Papiere habe gezeigt, dass die Märkte und die Investoren weiter in den Fonds investierten.

Zudem sei die S&P-Herabstufung eine Einzelmeinung - die beiden anderen großen Ratingagenturen Fitch und Moody's gäben dem Rettungsfonds weiter die Bestnote, so dass seine Kapazität von 440 Milliarden Euro gesichert sei. Der Sprecher betonte, wie zuvor bereits der Präsident der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, der EFSF verfüge über ausreichend Mittel für die laufenden und geplanten Hilfsprogramme. Eine Aufstockung des Fonds sei daher kein Thema.

Möglicherweise kommen auf den Fonds künftig aber für das leicht höher eingeschätzte Risiko auch leicht höhere Zinszahlungen an Investoren zu. Um das zu verhindern, müsste entweder der Umfang möglicher Hilfskredite reduziert werden, oder die Euro-Länder müssten den Fonds mit höheren Garantien absichern.

Unterdessen sprach sich Außenminister Guido Westerwelle erneut für die Schaffung von unabhängigen europäischen Rating-Agenturen aus. „Dafür ist es höchste Zeit“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstag). „Mehr Wettbewerb täte gut.“ Als Vorbild könnte die Stiftung Warentest dienen.

Italiens Regierungschef Mario Monti forderte beim Schuldenabbau mehr Hilfe von Deutschland und warnte erneut vor einer Anti-Europa-Stimmung. Sollten Deutschland und die anderen Gläubigerstaaten nicht mehr Unterstützung für die Länder an der Peripherie der Eurozone zeigen, könnten die Wähler dort „heftige Gegenbewegungen“ anstoßen, sagte Monti der „Financial Times“. Sein für diesen Freitag in Rom geplantes Spitzentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wird aus Termingründen auf Februar verschoben.

Das Misstrauen der Banken untereinander nimmt derweil immer drastischere Ausmaße an: Die „Vorsichtskasse“ der Geldinstitute des Euroraums bei der Europäischen Zentralbank (EZB) kletterte am Dienstag erstmals über die Schwelle von 500 Milliarden Euro. Die Banken nutzen die EZB als eine Art Tresor für ihre überschüssige Liquidität. Dadurch sind die Ein-Tages-Einlagen der Banken fast tausendmal so hoch wie im Durchschnitt des Jahres 2007 - also vor Ausbruch der ersten Finanzkrise im Zuge der Lehman-Pleite.

Im von der Staatspleite bedrohten Griechenland geht das Ringen um den geplanten Schuldenschnitt weiter. Nach Informationen aus Bankkreisen ist vor allem der Zinssatz der neuen Anleihen umstritten, die nach einer Einigung die alten ersetzen sollten. In Athen kam es zu Streiks; laut Polizei protestierten 7000 Menschen gegen die Regierung.

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