81 Jets, 3000 Mitarbeiter Lufthansa übernimmt große Teile der Air Berlin

Berlin/Frankfurt (dpa) - Die Lufthansa übernimmt den größten Teil der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin. An den Branchenprimus im deutschen Luftverkehr gehen 81 von 134 Flugzeugen. Zudem können 3000 der rund 8000 Air-Berlin-Beschäftigten zu dem Konzern wechseln, wie Lufthansa-Chef Carsten Spohr ankündigte.

81 Jets, 3000 Mitarbeiter: Lufthansa übernimmt große Teile der Air Berlin
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Air Berlin erhält nach eigenen Angaben etwa 210 Millionen Euro als Kaufpreis. Der Vertrag sollte noch am Donnerstag unterschrieben werden.

Für weitere Maschinen verhandelt Air Berlin mit Easyjet, anders als geplant gelang bisher aber keine Einigung. Zugleich sucht das Management in einem gesonderten Verfahren noch Angebote für die Techniksparte.

„In der Tat ist das heute ein großer Tag“, sagte Spohr, der von einer historischen Entscheidung sprach. Insgesamt investiere Lufthansa 1,5 Milliarden Euro, vor allem für den Kauf der Air-Berlin-Flugzeuge von Leasing-Gesellschaften.

Gewerkschaften warfen dem Konzern vor, sich seiner sozialen Verantwortung zu entziehen. Hintergrund ist, dass nur rund 1300 der 3000 genannten Mitarbeiter direkt übernommen werden - das sind diejenigen, die bei den Air-Berlin-Töchtern Niki und Luftfahrtgesellschaft Walter beschäftigt sind, die Lufthansa komplett übernimmt.

Die übrigen Mitarbeiter müssen sich bei der Konzerntochter Eurowings neu bewerben und fürchten Gehaltseinbußen. Verdi forderte von der Politik und den beteiligten Unternehmen, eine Transfergesellschaft für die übrigen Beschäftigten zu ermöglichen.

Die Air-Berlin-Gläubiger entscheiden am 24. Oktober über den Verkauf, anschließend prüft die europäische Wettbewerbsbehörde in Brüssel das Geschäft, was voraussichtlich mehrere Monate dauern wird. Erst dann kann der Kauf formal vollzogen werden.

Damit Air Berlin finanziell in der Lage bleibt, die für Lufthansa bestimmten Maschinen in der Luft zu halten, will der Dax-Konzern Niki-Sitzplätze kaufen und weiter vermarkten sowie die Propeller-Maschinen zunächst leasen, wie Spohr erläuterte.

Easyjet will bis zu 30 Maschinen samt Verkehrsrechten und Besatzungen übernehmen. Die Verhandlungen wurden nach Unternehmensangaben am Donnerstag fortgesetzt. Von Freitag an könnte Air Berlin weitere Bieter an den Tisch holen, ein Kaufinteressent ist der Ferienflieger Condor.

Easyjet wollte sich nicht äußern. Für die Lufthansa könnte sich ein Abwinken des britischen Billigfliegers negativ auswirken. „Falls Easyjet aussteigt, wird die kartellrechtliche Genehmigung für Lufthansa noch schwieriger zu bekommen sein“, sagte der Luftverkehrsberater Gerald Wissel.

Aus Spohrs Sicht ändert das Aus für Air Berlin am internationalen Trend sinkender Ticketpreise nichts. Er kündigte an, dass die Konzernmarken Lufthansa und Eurowings sich auf bestimmten Strecken gegenseitig Konkurrenz machen sollen. Dies traf bei Experten sofort auf Skepsis. „Konzerne werden aus kartellrechtlicher Sicht als ein Unternehmen angesehen“, sagte der Düsseldorfer Kartellrechtler Martin Gramsch von der Kanzlei Simmons & Simmons der Deutschen Presse-Agentur.

Air Berlin - die nach Lufthansa bisher zweitgrößte deutsche Fluglinie - hatte Mitte August Insolvenz angemeldet. Der Flugbetrieb seitdem war nur durch einen Kredit des Bundes über 150 Millionen Euro gesichert. Mit der Kaufsumme der Lufthansa bestehe eine gute Chance, das Geld zurückzuzahlen, sagte Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann.

Spohr kündigte in der „Rheinischen Post“ (Donnerstag) ein Angebot an, „um im Ausland gestrandeten Passagieren der Air Berlin die Heimreise zu einem fairen Preis anzubieten, sofern wir die Kapazitäten dafür haben“. Es ist unklar, um wie viele Fluggäste es dabei geht. Dass Air Berlin alle Langstreckenverbindungen am 15. Oktober einstellt, ist seit mehr als zwei Wochen bekannt. Ab 28. Oktober gibt es dann gar keine Flüge mit AB-Flugnummern mehr. Tickets für spätere Flüge verlieren ihre Gültigkeit. Der Flugverkehr der nicht insolventen Töchter Niki und LG Walter soll weitergeführt werden.

Die Lufthansa hat inzwischen schon die nächste marode Fluggesellschaft im Blick. „Wir haben Interesse an einer neu aufgestellten Alitalia“, sagte ein Konzernsprecher am Donnerstag. Es gilt damit als äußerst wahrscheinlich, dass der Dax-Konzern an dem bis Montag (16. Oktober) befristeten Bieterverfahren um die einstige italienische Staats-Airline teilnimmt.

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