Lebensversicherer im Visier

Verdacht: Die Finanzaufsicht prüft kurzfristige Anlageangebote mit hoher Verzinsung.

Frankfurt. Immer mehr deutsche Lebensversicherer machen derzeit den Banken Konkurrenz: Sie bieten Kunden kurzfristige Verträge an, die deutlich besser als am Markt üblich verzinst werden. Mit diesen Kapitalisierungsgeschäften sind die Unternehmen nun ins Visier der Finanzaufsicht Bafin geraten. Sie befürchtet, dass durch diese Art von Geschäften unter Umständen Millionen von Altkunden der Versicherungen benachteiligt werden könnten.

Die Aufsichtsbehörde frage derzeit bei den Versicherungskonzernen Daten zu diesen Geschäften ab, bestätigte eine Sprecherin einen Bericht der "Financial Times Deutschland" (FTD). Für die Versicherer sind diese Produkte wichtig, um mehr neue Kunden zu gewinnen. Kritiker befürchten aber, dass sich die Geschäfte nachteilig auf die anderen Lebensversicherungskunden auswirken, die ihre Beiträge monatlich einzahlen. Denn die hohen Zinsen der Einmalverträge könnten nur mit geringeren Gewinnen der Bestandskunden erkauft werden, solange die Zinsen am Kapitalmarkt so niedrig wie derzeit seien.

Schon heute tun sich nach Einschätzung von Experten einige Lebensversicherer schwer, die laufende Verzinsung für ihre Kapitallebens- und Rentenpolicen auf einem Niveau von im Schnitt 4,2Prozent darzustellen. Etliche Anbieter hätten dafür bereits auf ihre Reserve zurückgreifen müssen.

Sollten die Befürchtungen zutreffen, sind nach Informationen von "Spiegel online" Millionen Anleger betroffen. Rund 95 Millionen Lebensversicherungen sind derzeit in Kraft, mehr als 60 Millionen davon als Spar- und Altersvorsorgeverträge. Die Gesellschaften haben daraus 660Milliarden Euro angelegt.

Auch die Bafin hatte bereits in der Vergangenheit vor den Gefahren dieser Anlageform gewarnt. Doch die Diskussion hat sich zugespitzt, da die Zahl der Verbraucher, die derartige Produkte nutzen, geradezu explodiert ist. Die Bafin drängt daher laut FTD zur Eile: "Bitte übermitteln Sie Ihre Antwort bis Mittwoch, 19. April 2010", zitiert sie aus dem Schreiben der Bafin an die Lebensversicherer.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) begrüßte den Schritt der Aufsichtsbehörde. Es bestehe bei diesen Produkten die Gefahr, dass die Versicherer neue Kunden mit überhöhten Zinssätzen lockten und dies letztlich zulasten der Überschussbeteiligung der Altkunden gehe. "Wenn es hart auf hart kommt, sollte die Bafin den Versicherern Vorgaben machen, was den Anteil der Kapitalisierungsprodukte und die Höchstzinssätze betrifft", sagte vzbv-Versicherungsexperte Lars Gatschke "tagesschau.de".

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