Analyse Ausstoß von Kohlendioxid soll einen Preis bekommen

Düsseldorf · Die Bundesregierung schwankt zwischen Emissionshandel und CO2-Steuer. Die Frage ist, welcher Mechanismus am zielgenauesten ist. Und welche unerwünschten Nebenwirkungen oder Ungerechtigkeiten auftreten können. Teurer wird es in jedem Fall.

 Das Ziel: Der Ausstoß von Kohlendioxid soll teurer werden.

Das Ziel: Der Ausstoß von Kohlendioxid soll teurer werden.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Emissionshandel oder CO2-Steuer – eines der beiden Modelle wird bald auch für den Verbrauch von Heizöl und Benzin in Deutschland eingeführt werden. Wie hitzig die Debatte werden kann, zeigen die Gelbwesten-Proteste in Frankreich. Worum geht es?

Ziel beider Systeme ist es, dem Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid einen Preis zu geben. Denn dann werden die Nutzer versuchen, diese Kosten zu vermeiden. Und entweder Energie sparen oder auf klimaneutrale Technologien umsteigen. So die Erwartung. Die Frage ist, welcher Mechanismus am zielgenauesten ist. Und welche unerwünschten Nebenwirkungen oder Ungerechtigkeiten auftreten können. Noch in diesem Jahr wird mit einem Vorschlag der Bundesregierung gerechnet. Es geht um Heizungen, Verkehr und Landwirtschaft, wo es bisher kaum Klimaschutz gibt.

Den Emissionshandel gibt es seit 2005 auf europäischer Ebene für die Energieerzeugung, die Großindustrie und neuerdings auch für den Flugverkehr. Fachbegriff EU-ETS, Emissions Trading System. Wer CO2 ausstoßen will, muss vorher an einer ETS-Börse Emissionszertifikate erwerben. Das sind im Grunde Verschmutzungsrechte. In der Theorie sinkt die Gesamtmenge der ausgegebenen Zertifikate mit den politisch beschlossenen Klimazielen. Dann steigt der Preis und es lohnt sich für die Hersteller, auf klimafreundlichere Verfahren umzustellen. Wer CO2 spart, kann Zertifikate verkaufen und damit Geld verdienen.

Zertifikate sind preiswert, die Wirkung ist noch gering

Das ETS hat anfangs jedoch schlecht funktioniert, weil viel zu viele Zertifikate auf dem Markt waren. Das war politisch gewollt. Der Preis war dadurch sehr niedrig. Inzwischen, nach einer Reform, liegt er bei 25  Euro je Tonne CO2 und zeigt eine gewisse Lenkungswirkung, vor allem zu Lasten von Kohlestrom. Experten glauben allerdings, dass der Preis der Zertifikate ab 2030, wenn es mit dem Klimaschutz ernst wird, dynamisch steigen könnte, und zwar auf 100 Euro je Tonne und mehr. Wären alle Sektoren einbezogen, könnte das pro Bundesbürger Kosten von 900 Euro und mehr pro Jahr bedeuten, denn der Ausstoß liegt gegenwärtig bei rund neun Tonnen pro Person. Entsprechend groß wird dann der Veränderungsdruck.

Die FDP und Teile der Union möchten das Emissionshandelssystem daher auch in den Bereichen Verkehr und Gebäude anwenden. Nach ihren Vorstellungen sollen die Großhändler von Heizöl und Benzin die Zertifikate erwerben. Sie würden die Kosten dann beim Verkauf weitergeben. Das Verfahren wäre einfach. Allerdings sieht das europäische ETS-Recht bisher vor, dass die Verschmutzer selbst die Zertifikate kaufen müssen – das wären die einzelnen Autofahrer oder Hausbesitzer. Das müsste zuvor geändert werden und wäre kompliziert.

Das SPD-geführte Umweltministerium befürwortet daher ähnlich wie die Grünen die Erhebung einer CO2-Abgabe auf Heizöl und Benzin, also eine neue Steuer. Das geht schneller. Auch Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) haben schon Zustimmung erkennen lassen. Die Abgabe wird staatlich festgelegt. In Frankreich, wo es sie seit 2014 gibt, wollte Präsident Macron sie von derzeit 45 Euro je Tonne CO2 bis 2030 auf 100 Euro steigen lassen, was vor allem Pendler belastet hätte. Das löste die Gelbwestenproteste mit aus, zumal kein sozialer Ausgleich geplant war.

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