Kampf um die Ökostrom-Förderung - deutsche Rabatte vor dem Aus?

Kommission geht gegen die Rabatte für energieintensive Unternehmen vor. Die wichtigsten Antworten zum Verfahren.

Brüssel/Berlin. Die milliardenschweren Rabatte bei der Ökostrom-Förderung sind Brüssel ein Dorn im Auge. Sie bevorteilen die deutsche Industrie und verzerren somit den Wettbewerb in Europa, kritisiert die EU-Kommission. Brüssel prüft die Regeln nun — und könnte sie kippen.

Die Bundesregierung hat rund einen Monat Zeit, Stellung zu dem Prüfverfahren zu nehmen. Es wird mindestens ein Jahr lang dauern. Gegen eine endgültige Entscheidung könnte die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht gleich zu Beginn ihrer dritten Amtszeit ein Kräftemessen mit der EU-Kommission bevor. Nach der Entscheidung muss die Bundesregierung möglicherweise das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ändern oder gewährte Rabatte zurückverlangen. Der Ton auf beiden Seiten verschärft sich. Der neue Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) schließt Rückzahlungen aus: „Es wird keine Nachzahlungen geben.“ Das EEG dürfte Gabriels erste Bewährungsprobe sein. Die Bundesregierung hofft, dass Rabatte nur für die Zukunft gestutzt werden müssen.

Eine „zügige Reform des EEG“ inklusive der Entlastung für stromintensive Betriebe sei ein zentrales Projekt in der neuen Legislaturperiode. Das schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, bei dieser sogenannten Besonderen Ausgleichsregelung die Privilegierung in den einzelnen Branchen „anhand objektiver, europarechtskonformer Kriterien“ zu überprüfen. Die Frage ist aber, ob Brüssel solche Änderungen reichen.

Ja, weil sie diese Rabatte derzeit über ihren Strompreis mitfinanzieren. Wenn es diese Rabatte nicht gäbe, müssten die Bürger laut Umweltministerium 2014 nur noch 4,89 Cent je Kilowattstunde Ökoaufschlag zahlen. Wegen der Umverteilung sind es derzeit aber 6,24 Cent.

Ja, weil die Industrie höhere Kosten auf die Preise aufschlagen könnte. Müssten Profiteure wie die Deutsche Bahn und die Betreiber des Öffentlichen Personennahverkehrs mehr zur Energiewende beitragen, könnten die Ticketpreise steigen. Die Futtermittelbranche warnt vor steigenden Fleisch-, Eier- und Milchpreisen.

Energieintensive Branchen wie die Stahl-, Zement- oder Aluminiumindustrie. Sie fürchten milliardenschwere Belastungen, Insolvenzen und Abwanderung ins Ausland. Das könnte Tausende Arbeitsplätze kosten, warnen Wirtschaftsverbände, die Gewerkschaften IG Metall und IG BCE ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Viele der über fünf Millionen Jobs im produzierenden Gewerbe wären gefährdet. Die deutsche Zementindustrie erwartet Mehrkosten von mehr als 30 000 Euro pro Arbeitsplatz. „Ein solcher Stromkostenschock wäre für unsere Unternehmen nicht verkraftbar“, sagt der Präsident des Vereins Deutscher Zementwerke, Gerhard Hirth. Dies würde mehr als die Hälfte der deutschen Zementproduktion direkt bedrohen.

Laut NRW-Wirtschaftsministerium werden derzeit rund 1680 Unternehmen bundesweit bei der Ökostrom-Umlage entlastet, davon etwa 400 in NRW.

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