Insolvenz nach Tod des Unister-Gründers

Nach dem Flugzeugunglück Thomas Wagners steht seine Firma vor Problemen. Seit Montag lenkt ein Insolvenzverwalter das Unternehmen.

Insolvenz nach Tod des Unister-Gründers
Foto: dpa

Leipzig. Wer im Internet nach Flügen sucht, kommt an den Seiten des Unternehmens Unister kaum vorbei. Fluege.de und Ab-in-den-Urlaub.de sind zwei der bekanntesten Buchungsportale für Urlaubsflüge — nicht zuletzt wegen der Low-Budget-Clips mit prominenter Unterstützung durch Michael Ballack und Reiner Calmund.

Im Blickpunkt ist die Firma aber gerade wegen anderer Dinge: Der Suchmaschinenbetreiber hat jetzt Insolvenz angemeldet. Das Amtsgericht Leipzig bestätigte den Eingang des Insolvenzantrags, nannte aber keine Details. Einschlägige Gründe für eine Insolvenz sind etwa eine eingetretene oder drohende Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Anwalt Lucas Flöther bestellt. „Das vorläufige Insolvenzverfahren sichert die Handlungsfähigkeit der Gruppe“, sagte Flöther. Der operative Betrieb in allen Firmen laufe weiter.

Der Insolvenz ist eine menschliche Tragödie vorausgegangen. Thomas Wagner, Gründer des damals als Studenten-Tauschbörse angelegten Unternehmens Unister.de, ist am vergangenen Donnerstag mit einem Kleinflugzeug auf dem Weg von Venedig nach Leipzig in Slowenien abgestürzt. Er wurde 38 Jahre alt.

Den Absturz begleiten dubiose Begebenheiten. Mit an Bord waren neben Wagner auch 39-jährige Gesellschafter und Mitgründer der Unister-Holding, Oliver Schilling, sowie ein weiterer 39 Jahre alter und ein 65 Jahre alter Insasse, der Banker und Unternehmensberater gewesen sein soll. Medien berichteten zudem davon, dass ein Geldkoffer mit einer hohen Summe Bargeld an Bord gewesen sein soll.

Die Polizei aus dem Slowenischen Nova Gorica wollte die Meldungen nicht kommentieren. Auch der Unister-Mitgründer und Gesellschafter Daniel Kirchhof sagte, er wisse davon nichts. Er gehe davon aus, dass Thomas Wagner geschäftlich unterwegs war.

Das „Manager Magazin“ berichtete unter Bezug auf einen Insider davon, dass Wagner sich von dem Italien-Trip einen frischen Kredit für das Unternehmen erhofft habe.

Thomas Wagner wurde einst als Shooting-Star der deutschen Internet-Szene gefeiert. 1978 in Dessau (Sachsen-Anhalt) geboren, studierte er nach dem Dienst bei der Bundeswehr in Leipzig Betriebswirtschaftslehre (BWL). Nach dem Vordiplom brach der 23-Jährige das Studium ab und gründete 2002 das Onlineportal Unister.de. Daraus bauten er und seine Mitstreiter ein Firmengeflecht aus Reise-, Finanz- und Versicherungsportalen mit mehr als 1100 Mitarbeitern auf. Bis heute wurden 40 Internetseiten Teil der Internetfirma. Unister versichert aber, dass die einzelnen Unternehmen nicht von der Insolvenz betroffen seien. „Die Portale werden von eigenständigen Unternehmen betrieben.“ Der Geschäftsbetrieb laufe ohne Einschränkungen weiter.

Über Wagners Privatleben indes ist wenig bekannt. Mit Auskünften dazu hielt er sich stets bedeckt, galt als vorsichtig und pressescheu.

In die Schlagzeilen geriet er trotzdem. Denn 2012 wurden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Wagner und drei weiteren Managern wurden unter anderem unerlaubte Versicherungsgeschäfte und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Wagner saß kurzzeitig in Untersuchungshaft. Unister wies die Vorwürfe stets zurück. Zum Prozess kam es bisher nicht, weil das Landgericht Leipzig derzeit eine weitere Anklage prüft, eine erste Anklage war nur teilweise zugelassen worden.

Auch zuletzt lief nicht alles reibungslos. Im Vorjahr war im Konzern von bis zu 150 Stellenstreichungen die Rede. Für das „Effizienzsteigerungsprogramm“ Unister 3.0 sollten 30 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden. Außerdem wurde kürzlich das Portal Geld.de verkauft.

Das Flugzeug, mit dem Wagner und Schilling unterwegs waren — eine in den USA registrierte Piper 32 — geriet am Donnerstagmittag etwa eine halbe Stunde nach dem Start bei Predmeja im Osten Sloweniens ins Schlingern. Slowenische Medien berichteten, es habe Probleme mit Vereisung gegeben. Die Maschine raste im Gelände in einen Wald und brannte aus.

Das Flugzeugwrack soll nun in einem Hangar des Flughafens Brnik bei Ljubljana untersucht werden. Wie die slowenische Nachrichtenagentur STA berichtet, werde die Analyse zur Unfallursache mindestens zehn Tage dauern.

Unister hatte nach dem Unfall erklärt, das Unternehmen werde die Nachfolge Wagners „sehr zeitnah“ regeln und kommunizieren. Vorläufig hat jetzt der Insolvenzverwalter die Regie an sich gezogen. ecr/dpa/AFP

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