Verbraucherpreise Inflation weiterhin hoch - Tankrabatt und 9-Euro-Ticket dämpfen etwas

Wiesbaden · Der Anstieg der Verbraucherpreise schwächt sich im Juli erneut etwas ab. Auf eine anhaltende Entspannung können die Menschen Ökonomen zufolge allerdings nicht hoffen - im Gegenteil.

 Die Inflation in Deutschland hält sich trotz eines weiteren leichten Rückgangs hartnäckig über der Marke von 7 Prozent.

Die Inflation in Deutschland hält sich trotz eines weiteren leichten Rückgangs hartnäckig über der Marke von 7 Prozent.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Die Inflation in Deutschland hält sich trotz eines weiteren leichten Rückgangs hartnäckig über der Marke von 7 Prozent. 9-Euro-Ticket und Tankrabatt dämpften den Preisauftrieb im Juli den zweiten Monat in Folge. Zudem müssen Stromkunden seit Monatsbeginn die Förderung des Ökostroms nicht mehr über die Stromrechnung zahlen (EEG-Umlage). Die Jahresteuerungsrate lag im Juli bei 7,5 Prozent. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Mittwoch damit eine erste Schätzung. Im Juni waren die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat noch um 7,6 Prozent gestiegen, im Mai um 7,9 Prozent.

Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sich diese für einen Euro weniger leisten können. Vor allem Preissprünge bei Energie infolge des Ukraine-Krieges und steigende Lebensmittelpreise heizen die Inflation in Europas größter Volkswirtschaft seit geraumer Zeit an.

Im Juli kostetet Energie insgesamt 35,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Strom verteuerte sich um 18,1 Prozent. Die Abschaffung der EEG-Umlage dämpfte den Anstieg den Angaben zufolge. Der Besuch an der Tankstelle kostetet 23 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Seit Einführung des Tankrabatts schwächte sich der Preisauftrieb demnach ab. Leichtes Heizöl war mehr als doppelt so teuer als ein Jahr zuvor (plus 102,6 Prozent). Erdgas kostete 75,1 Prozent mehr.

Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich innerhalb eines Jahres um 14,8 Prozent. Damit habe sich der Preisauftrieb den fünften Monat in Folge verstärkt, erläuterten die Statistiker.

Gegenüber Juni stiegen die Verbraucherpreise im Juli insgesamt um 0,9 Prozent.

Die Bundesregierung versucht, die Menschen unter anderem mit dem Anfang Juni eingeführten 9-Euro-Ticket für den Öffentlichen Personenverkehr und der Senkung der Energiesteuer auf Sprit (Tankrabatt) zu entlasten. Weitere Maßnahmen sind in der Diskussion.

Finanzminister Christian Lindner will die Bürger mit einer Steuersenkung über mehr als zehn Milliarden Euro entlasten. „Es profitieren Arbeitnehmerinnen und Geringverdiener, Rentnerinnen und Selbstständige, Studierende mit steuerpflichtigen Nebenjobs und vor allem Familien“, schrieb der FDP-Politiker in einem Gastbeitrag für die „FAZ“ (Mittwoch). Zusätzlich zu einer Anpassung der Eckwerte im Einkommensteuertarif sollen auch das Kindergeld und der Kinderfreibetrag erhöht werden.

Ökonomen rechnen in den kommenden Monaten mit wieder anziehenden Teuerungsraten, auch weil Tankrabatt und 9-Euro-Ticket bis Ende August befristet sind. Um ein mögliches Folgeangebot des Billig-Fahrscheins wird in Berlin noch gerungen. Zudem drohen Gaskunden ab Herbst höhere Preise wegen der Gasumlage, die es Gasversorgern ermöglicht, Mehrkosten an Verbraucher weiterzugeben.

„Ab September ist wieder mit einer Beschleunigung der Inflation zu rechnen“, sagte Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Dullien befürwortet einen Preisdeckel für einen Gas-Grundverbrauch für Privathaushalte.

Inflationsraten auf dem derzeitigen Niveau gab es im wiedervereinigten Deutschland noch nie. In den alten Bundesländern gab es ähnliche Werte im Winter 1973/1974 infolge der ersten Ölkrise.

Der für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) maßgebliche harmonisierte Verbraucherpreisindex HVPI lag in Deutschland im Juli um 8,5 Prozent über dem Vorjahresniveau. In der Eurozone insgesamt stieg die Inflation dem Statistikamt Eurostat zufolge im Juli auf den Rekordwert 8,9 Prozent. Dies war die höchste Rate seit Einführung des Euros als Buchgeld 1999. Wegen der Rekordinflation hatte die EZB im Juli zum ersten Mal seit elf Jahren die Leitzinsen im Euroraum erhöht.

( dpa)
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