Immer mehr Branchen profitieren von Jobwunder

Nürnberg (dpa) - Anfangs war es das Gesundheitswesen, bald darauf die Zeitarbeit. Inzwischen profitieren auch andere Branchen vom Wirtschaftsaufschwung - und schaffen neue Arbeitsplätze. Der Jobaufschwung gewinnt an Breite, stellt Bundesagentur-Chef Weise zufrieden fest.

Neben Zeitarbeitsunternehmen gebe es auch im Bausektor, dem Handel, der Verkehr- und Logistikbranche und im Gastgewerbe wieder viele freie Stellen, berichtete der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, am Dienstag in Nürnberg . Der Abbau in der Industrie gehe zwar derzeit noch weiter, habe sich aber mit 26 000 gestrichenen Jobs im Oktober verlangsamt.

Allein im Gesundheits- und Sozialwesen seien im vergangenen Monat 120 000 neue Arbeitsplätze entstanden, weitere 282 000 bei wirtschaftlichen Dienstleistern, erläuterte Weise. Dazu gehören neben der Zeitarbeitsbranche auch Immobilienmakler, Hausmeisterdienste, Reisebüros und andere Firmendienstleister. In einzelnen Branchen und Regionen zeichnet sich laut Weise bereits ein Fachkräftemangel ab. Gesucht würden Ärzte, Krankenschwester und Ingenieure.

Der kräftige Konjunkturaufschwung hat im November die Zahl der Arbeitslosen mit 2,931 Millionen auf ein Rekordtief sinken lassen. Dies sind 14 000 weniger als im Oktober. Die November- Arbeitslosigkeit rutschte damit auf den niedrigsten Stand seit 18 Jahren. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der Jobsucher nach BA- Angaben um 284 000 zurück. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei 7,0 Prozent, nach 7,6 Prozent im November 2009.

BA-Chef Weise zeigte sich zufrieden mit der Entwicklung: „Der Beschäftigungsaufbau wird immer stabiler und breiter.“ Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zeigte sich besonders über den Rückgang der Unterbeschäftigung erfreut. In dieser Kategorie werden auch Arbeitslose in Schulungsprogrammen oder anderen Maßnahmen erfasst, die in der offiziellen Statistik nicht ausgewiesen werden.

Die gute Entwicklung zeigt sich auch bei den saisonbereinigten Daten. So sank die um jahreszeitliche Einflüsse korrigierte Erwerbslosenzahl um 9000 auf 3,144 Millionen; 6000 davon entfielen auf den Westen, 3000 auf den Osten. Einige Volkswirte deutscher Großbanken hatten allerdings mit einer noch besseren Entwicklung gerechnet. Einen leichten Aufwärtstrend verzeichnen die Arbeitsagenturen bei der Kurzarbeit. Nach BA-Hochrechnungen haben Firmen im November für 40 000 bis 45 000 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet. Im Oktober hatte die Zahl der Anmeldungen noch bei 30 000 bis 35 000 gelegen.

Als Hinweis auf eine stabile Erholung des Arbeitsmarktes sieht die Nürnberger Behörde neben der sinkenden Arbeitslosigkeit auch die steigende Zahl der Erwerbstätigen. Sie nahm zuletzt im Oktober um 188 000 auf nun 41,09 Millionen zu; das sind 405 000 mehr als vor einem Jahr. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen - ein wichtiger Tragpfeiler der Sozialsysteme - nimmt weiter zu. Innerhalb eines Jahres wurden 484 000 neue Stellen geschaffen. 276 000 davon waren Vollzeit-, der Rest Teilzeitstellen. Die Zahl der im November registrierten 394 000 offenen Stellen weise ferner darauf hin, dass viele Firmen weiterhin ihre Belegschaft aufstocken wollten, hieß es.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sieht den Arbeitsmarkt „in Rekordlaune“. Nach der Drei-Millionen-Grenze bei der Arbeitslosigkeit sei nun auch die 41-Millionen-Grenze bei der Beschäftigung geknackt, erklärte er in Berlin. Für den Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Joachim Möller, ist Vollbeschäftigung inzwischen „keine Illusion mehr“. In manchen Regionen seien Arbeitslosenquoten von unter drei Prozent bereits erreicht, sagte der Arbeitsmarktforscher in einem Interview mit der „Deutschen Handwerkszeitung“.

Mit einem kritischen Unterton kommentierten hingegen die Berliner Oppositionsparteien die jüngsten Arbeitsmarktdaten. In den Augen von Grünen-Chefin Claudia Roth ist eine Arbeitslosigkeit von weniger als drei Millionen zwar gut. Nun müsse aber dafür gesorgt werden, dass der Aufschwung auch bei den Älteren und Langzeitarbeitslosen ankomme. Die SPD im Bundestag warnte davor, die Erfolge mit Kürzungen bei arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen aufs Spiel zu setzen. Nach Ansicht der Linkspartei beruht die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt „zum größten Teil auf dem Zuwachs von schlecht bezahlten Arbeitsplätzen im Bereich Leiharbeit“.

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