Hurrikan „Sandy“ legt die Wall Street lahm

New York (dpa) - Zum ersten Mal seit 27 Jahren bleibt die Wall Street wegen eines Sturms komplett geschlossen. An allen US-Aktienmärkten fiel zum Wochenauftakt wegen des Hurrikans „Sandy“ der Handel aus.

Dies hatte die US-Wertpapieraufsicht SEC in der Nacht zu Montag in New York angeordnet.

„Sandy“ sollte die Stadt gegen Abend erreichen. Auch an diesem Dienstag dürfte der Handel ausfallen, wenngleich eine endgültige Entscheidung bis zuletzt fehlte. Das letzte Mal stand die amerikanische Finanzwelt nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 derart still. Wegen eines Sturms blieb die New York Stock Exchange das letzte Mal 1985 komplett geschlossen, damals war es Hurrikan „Gloria“. 1996 hatte die Börse wegen eines Wintersturms die Handelszeiten verkürzt. Bei Hurrikan „Irene“ im vergangenen Jahr dagegen war die Stadt New York glimpflich davongekommen und die Börsen blieben geöffnet.

„Dies ist eine extrem gefährliche und unberechenbare Wetterlage“, sagte NYSE-Chef Duncan Niederauer. Die Sicherheit der Menschen habe höchste Priorität. In und um New York City fahren weder Züge, Busse, U-Bahnen noch Fähren. Die Händler und Angestellten hätten also mit dem Auto zur Arbeit kommen müssen. Viele von ihnen wohnen in den umliegenden Orten oder in weiter entfernten Stadtteilen. Dort drohen Bäume auf die Straßen zu stürzen.

Auch die rein per Computer arbeitende Konkurrenzbörse Nasdaq bleibt geschlossen, ebenso wie die Warenterminbörse Nymex. Der Handel mit Derivaten, Rohstoffen und Währungen an Börsen außerhalb der Stadt läuft nur eingeschränkt. Der in New York City sitzende Pharmakonzern Pfizer hat die Bekanntgabe seiner Geschäftszahlen für das dritte Quartal von Dienstag auf Donnerstag verschoben.

Das Gebäude der New York Stock Exchange liegt an der berühmten Wall Street und damit nahe eines Gebiets, das schon am Sonntag als Vorsichtsmaßnahme von den Behörden evakuiert wurde. Hier an der Südspitze Manhattans fließen der Hudson River und der East River vorbei. Die Börse bereitete sich mit Sandsäcken auf mögliche Fluten vor.

Auch die Warenterminbörse Nymex versuchte, sich mit Sandsäcken zu schützen. Ihr Gebäude liegt unmittelbar am Hudson River und damit mitten in einer der Evakuierungszonen. Um das benachbarte Hauptquartier der Investmentbank Goldman Sachs errichteten Arbeiter Betonbarrikaden, um das Eindringen von Wasser zu verhindern.

Die Bauarbeiten am nahen One World Trade Center - früher „Freedom Tower“ genannt - kamen zum Erliegen. Viele Banken gaben ihren Mitarbeitern frei. Der sonst übliche Strom von Angestellten aus den Vororten blieb am Montagmorgen aus. Um eine Notbesetzung aufrecht zu erhalten, hatten manche Beschäftigte allerdings in Hotels nahe ihrer Büros übernachtet.

Die meisten großen Finanzfirmen sind in den vergangenen Jahren aus der Gegend um die Wall Street weggezogen und haben in Midtown Manhatten neue Hochhäuser errichtet. Sie liegen damit weiter weg vom Wasser. Auch die Technologiebörse Nasdaq hat ihren Sitz in Midtown direkt am Touristenmagneten Times Square.

Hurrikan „Sandy“ hatte schon am Montag Auswirkungen bis nach Frankfurt. Insbesondere die Aktien der beiden großen deutschen Rückversicherer Munich Re und Hannover Rück verloren an Wert. Sie dürften am Ende für einen Teil des Sturmschadens aufkommen. Eine Sprecherin der Hannover Rück bezeichnete Hurrikan „Sandy“ jedoch als „normales Ereignis zum Ende der Sturmsaison“.

Hurrikan „Irene“ hatte im vergangenen Jahr nur geringe Schäden in der Millionenmetropole New York angerichtet. Das Hinterland kam dagegen weniger glimpflich davon. „Irene“ kostete die Hannover Rück 26 Millionen Euro. Zum Vergleich: Bei Hurrikan „Katrina“ im Jahr 2005 waren es 500 Millionen Euro. Der Sturm hatte damals vor allem den Süden der USA verwüstet und zahlreiche Menschenleben gekostet.

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