Harte Fronten bei Metall-Tarifverhandlungen

Frankfurt/Main (dpa) - Bei den Tarifverhandlungen für die rund 3,6 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie zeichnet sich eine harte Auseinandersetzung um mehr Geld und weniger Leiharbeit ab.

Der Vorstand der IG Metall bekräftigte in Frankfurt die bereits zuvor artikulierte Entgeltforderung von „bis zu 6,5 Prozent“ bei einer kurzen Laufzeit von zwölf Monaten. Sie stehe gleichberechtigt neben den inhaltlichen Anliegen nach einer unbefristeten Weiterbeschäftigung der Ausgelernten und mehr Mitbestimmung beim Einsatz von Leiharbeitern, erklärte Gewerkschaftschef Berthold Huber.

Die Arbeitgeber bezeichneten die Forderungen als nicht nachvollziehbar und warnten vor eingeschränkter Flexibilität der Betriebe, falls die Leiharbeit begrenzt werde. „Unsere Forderung ist von den Arbeitgebern der Metall- und Elektroindustrie finanzierbar. Sie ist wirtschaftlich geboten und würde den Beschäftigten einen fairen Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung sichern“, sagte Huber.

Er hielt daran fest, dass in den Verhandlungen ab März auch der glänzende Konjunkturverlauf im Jahr 2011 berücksichtigt werden müsse. Dieser sei beim letzten, sehr langfristigen Tarifabschluss 2010 so nicht zu erwarten gewesen. Der verteilungsneutrale Spielraum sei daher nicht ausgeschöpft worden. Die IG Metall verlange keinen Nachschlag, sondern eine faire Beteiligung der Belegschaft am Aufschwung.

Besonders schwierige Verhandlungen erwartet die Gewerkschaft in der Frage der Leiharbeiter. „Das Thema steht uns bis hier oben. Wir sind beschissen worden“, sagte Huber. In den Betrieben soll eine erweiterte Mitbestimmung der Betriebsräte den Einsatz von Leiharbeitern bremsen. Die Verdrängung von Stammarbeitern werde nicht mehr akzeptiert.

Parallel dazu beginnen am 22. Februar im Raum Düsseldorf die Verhandlungen mit den Zeitarbeitsverbänden BAP und IGZ. Dort werde man für die rund 300 000 Leiharbeiter einen Branchenzuschlag verhandeln, der die Lücke zu den Stammarbeitern spürbar kleiner mache, kündigte der Gewerkschafts-Vize Detlef Wetzel an. Es werde zu gemeinsamen Aktionen von Stammkräften und Leiharbeitern kommen. „Mit dem Branchenzuschlag werden wir kein Equal Pay erreichen“, sagte Wetzel einschränkend. Dazu werde es wohl nur in einigen Betrieben kommen, in denen besonders durchsetzungsstarke Betriebsräte hohe zusätzliche Einsatzpauschalen verhandeln könnten.

Wetzel forderte die Arbeitgeber zudem auf, ihren Widerstand gegen die unbefristete Weiterbeschäftigung der Ausgebildeten aufzugeben. Die angestrebte Regelung habe mit Verbeamtung nichts zu tun, meinte der Gewerkschafter. Der Widerstand der Arbeitgeber gründe auf einer überkommenen „Herr-im-Haus“-Einstellung. „Ein unbefristeter Arbeitsvertrag ist noch lange keine Anstellung auf Lebenszeit.“

Die Betriebe müssten sich für neue Krisen wappnen, so dass die Flexibilität nicht weiter eingeschränkt werden dürfe, erklärte hingegen Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser. Einschränkungen bei der Zeitarbeit und unbefristete Übernahmepflichten bei Ausgebildeten würden der Industrie einen Bärendienst erweisen. Die Entgeltforderung der IG Metall sei nicht nachvollziehbar. „Die Gewerkschaft kann maximal 3 Prozent mit wirtschaftlichen Kennziffern begründen. Für die restlichen 3,5 Prozent gibt es keine belastbare Grundlage“, erklärte Kannegiesser laut einer Mitteilung in Berlin.

Die Chancen auf den sprichwörtlichen „Schluck aus der Pulle“ stehen aber nach Einschätzung der Commerzbank-Volkswirte nicht schlecht. Geringe Arbeitslosenquote und Unternehmensgewinne nahe am Rekordniveau sprächen für einen stärkeren Anstieg der Löhne als im Vorjahr. Analyst Ralph Solveen rechnet mit Lohnzuwächsen zwischen 3,5 und 4 Prozent in den zentralen Industriebranchen Metall, Elektro und Chemie. Noch mehr könnten die Zeitarbeiter erzielen, da die Arbeitgeber eine schärfere gesetzliche Regulierung dieses Sektors vermeiden wollten. Wichtiger als die eingesparten Gehälter sei ihnen die Flexibilität bei schwankender Nachfrage.

Der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz sieht hingegen nur eine geringen Verteilungsspielraum, der sich gesamtwirtschaftlich bei etwa 2,5 Prozent bewege. Die Tarifparteien müssten berücksichtigen, dass in diesem Jahr in den meisten Branchen „eine merkliche Konjunkturabschwächung stattfindet“, sagte er der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstag). Der Sachverständigenrat gehe davon aus, dass es gesamtwirtschaftlich ein Wachstum in einer Größenordnung von nur 0,5 Prozent geben wird. Die IG Metall rechnet hmit 0,9 Prozent plus.

In der zentralen Industriebranche Deutschlands wird für rund 3,6 Millionen Beschäftigte verhandelt. Die endgültigen Entscheidungen über die Forderungen in den sieben Tarifgebieten fällen in zwei Wochen die regionalen Tarifkommissionen, die sich dann noch einmal mit dem Vorstand rückkoppeln. Den Verhandlungsauftakt bestreiten am 6. März Baden-Württemberg, Niedersachsen und die Region Mitte mit Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die Friedenspflicht läuft Ende April aus. Ab dann sind Warnstreiks möglich.

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