Griechenland-Verhandlungen festgefahren

Brüssel/Athen (dpa) - Griechenland steckt in der Sackgasse. Ein Abschluss bei den Verhandlungen über den dringend benötigten Schuldenschnitt lässt weiter auf sich warten.

Das für Montag erwartete Sondertreffen der Euro-Finanzminister zu neuen Milliarden-Hilfen für das pleitebedrohte Land findet nicht statt. In Brüssel und Berlin wird bis zum Wochenbeginn nicht mit belastbaren Ergebnissen bei den Griechenland-Verhandlungen gerechnet. EU-Diplomaten warnten vor weiteren Verzögerungen: „Die Zeit läuft ab.“ In Peking hörte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), China wollen den Eurostaaten helfen. Doch die Versprechen blieben vage.

Die Lage für Griechenland wird immer bedrohlicher. Das hochverschuldete Euro-Land braucht noch mehr neues Geld als bisher angenommen. Extra-Mittel seien nötig, da die Wirtschaft in dem Krisenland schlechter laufe als erwartet, sagten EU-Diplomaten am Freitag in Brüssel. Ministerpräsident Lucas Papademos soll nach Informationen aus Athener Regierungskreisen mit Rücktrittsdrohungen Druck ausüben, um zumindest eine Einigung in den eigenen Reihen zu den geforderten weiteren Sparmaßnahmen zu erzwingen.

Das geplante zweite Hilfspaket könnte einen Umfang von 145 bis 150 Milliarden Euro haben, sagten EU-Diplomaten am Freitag in Brüssel. EU und IWF waren bisher von 130 Milliarden Euro ausgegangen. Gerätselt wird, woher die Mittel kommen sollen.

China zögert mit konkreten Hilfszusagen zur Bewältigung der Schuldenkrise in Europa. Die chinesische Führung versicherte Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch in Peking zwar, China wolle Unterstützung leisten und mit den Europäern enger kooperieren, doch blieben viel Fragen offen.

Ein Dämpfer erhielt Griechenland am Freitag aus Luxemburg: Es werde kein Treffen der Euro-Finanzminister an diesem Montag (6.2.) in Brüssel geben, teilte der Vorsitzende der Ministerrunde, Luxemburgs Premier- und Schatzminister Jean-Claude Juncker mit. Seit Tagen war über ein Euro-Sondertreffen spekuliert worden. Und die Erwartungen waren groß, dass die „Troika“ der Experten von der EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) spätestens am Sonntagabend ihren Bericht über die Sparbemühungen Athens als Voraussetzung für das neue Milliarden-Hilfspaket vorlegen wird.

Die Troika verhandelt seit Wochen in Athen über das neue Hilfspaket. Laut Diplomaten pochten die Kommissionsvertreter vor allem auf die Budgetsanierung, während die IWF-Mitglieder auf Strukturreformen drängen.

Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Kotthaus, betonte am Freitag in Berlin, ein Ministertreffen zu Griechenland mache erst Sinn, wenn alle Voraussetzungen erfüllt seien. Dazu zählten sowohl der Bericht der Troika als auch eine Einigung zwischen griechischer Regierung mit den Banken über einen freiwilligen Schuldenerlass. „Alle diese Elemente sind noch nicht da“, sagte Kotthaus. In Regierungskreisen hieß es dazu, die Troika brauche womöglich noch mehr Zeit, um zu einer gemeinsamen Haltung zu kommen. Der IWF soll erhebliche Bedenken an der Schuldentragfähigkeit Griechenlands haben.

Umstritten sind vor allem Lohnkürzungen im privaten Sektor. Vor allem die Sozialisten verweigern sich bislang einer Zustimmung. Auch in den Gewerkschaften gibt es Protest. Die Troika fordert die Reduzierung des Mindestlohnes von gegenwärtig brutto 751 Euro auf weniger als 650 Euro. Zudem sollen das 13. und 14. Monatsgehalt sowie Renten gekürzt werden. Der griechische Ministerpräsident Papademos will die neuen Sparmaßnahmen vom Parlament absegnen lassen.

Papademos soll nach Informationen aus Athener Regierungskreisen mit Rücktrittsdrohungen Druck auf die regierungsstützenden Parteien ausüben, um seine Sparpolitik durchzusetzen. In der griechischen Presse gab es zudem Informationen, wonach Papademos plane, am Montag zurückzutreten, wenn die Sozialisten und die Konservativen seinen mit den internationalen Geldgebern ausgehandelten Spar- und Stabilisierungsplan nicht voll unterstützten.

Die Geldgeber setzen darauf, dass auch die EZB und nationale Notenbanken an Bord kommen. Da die EZB griechische Staatsanleihen unter Marktwert gekauft habe, könnte sie auf künftige Gewinne verzichten. Das Vorhaben ist aber heikel, da die Notenbank unabhängig ist und von der Politik nicht gezwungen werden kann, bei der Griechenland-Rettung mitzuziehen. Athen hat bereits in einem ersten Rettungspaket Kredithilfen in Höhe von 110 Milliarden Euro erhalten.

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