Gardasee statt Gefängnismauern

Steuersünder Klaus Zumwinkel kommt glimpflich davon.

Bochum. Klaus Zumwinkel verließ den Gerichtssaal sichtlich erleichtert. Der Ex-Manager des Jahres bleibt auf freiem Fuß und kann sich an seinem Alterssitz am Gardasee seinen Hobbys Klettern und Motorbootfahren widmen. Mit 600 000 Euro Nettoeinkommen als Rentner und etlichen Millionen auf der hohen Kante kann der 65-Jährige von seiner Burg aus wieder zu den gern besuchten Wohltätigkeitsveranstaltungen fahren.

Enge Vertraute hatten dem zurückgetretenen Postchef nach der Steuerrazzia in seiner Kölner Mietvilla von solcherlei öffentlichen Auftritten abgeraten. Die Frage ist, ob er nach dem günstigen Prozessende weiter auf die Vertrauten hört.

Die Richter hatten bei der Urteilsfindung genügend Milderungsgründe gesehen, um von einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung abzusehen. Die drei Berufs- und zwei Laienrichter der 12. Großen Strafkammer bewerteten frühes Geständnis, Lebensleistung, Steuernachzahlung und günstige Sozialprognose hoch genug, um es bei einer Bewährungsstrafe und der obligatorischen Geldbuße in Höhe der angeklagten Steuersumme zu belassen.

Die Umstände seiner Festnahme vor laufender Kamera seien zwar überzogen gewesen, monierte das Gericht, wirkten aber nicht strafmildernd. Als Person der Zeitgeschichte müsse Zumwinkel das hinnehmen. Mit seinem umfassenden Geständnis und dem Wunsch, die Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) bei der Beschaffung von Tausenden Kontodaten der Liechtensteiner LGT-Bank im Prozess nicht zur Kardinalsfrage zu machen, wollte Zumwinkel einen Schlussstrich unter seine persönliche Steueraffäre Liechtenstein ziehen.

Seine aufgeflogene Stiftung führt er unter den Augen der Steuerbehörden aber noch weiter. "Stoppt die Steueroase Liechtenstein", forderte ein Demonstrant vor dem Gericht auf einem Papp-Plakat.

Prozessbeobachter, die über die Bewährungsstrafe enttäuscht waren, könnten sich damit trösten, dass der Steuerhinterzieher Zumwinkel immerhin rund 3,9 Millionen Euro Steuern nachgezahlt hat und eine Million Geldbuße leisten muss.

Für manche blieb es trotz solcher Gründe für die milde Strafe unverständlich, dass ein Reicher wie Zumwinkel nicht ins Gefängnis muss. Der Vorsitzende Richter stellte sich in der Urteilsbegründung eher die grundsätzliche Frage, warum ein Reicher überhaupt Steuern hinterzieht.

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