Flüchtlinge bekommen nicht immer problemlos ein Konto

Frankfurt/Main (dpa) - Flüchtlinge bekommen trotz der jüngsten Erleichterungen der Finanzaufsicht Bafin nicht bei allen Banken in Deutschland problemlos ein Konto.

Flüchtlinge bekommen nicht immer problemlos ein Konto
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Große Institute kritisieren, ihnen seien nach wie vor die Hände gebunden wegen internationaler Regeln zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung. Tendenziell pragmatischer gehen Volksbanken und Sparkassen das Thema an - doch auch sie haben in der Praxis einige Hürden zu überwinden, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Banken sind gesetzlich dazu verpflichtet, Neukunden per Pass oder amtlichen Ausweisersatz eindeutig zu identifizieren. Weil viele Flüchtlinge solche Dokumente nicht vorweisen können, gelten vorübergehend gelockerte Vorgaben.

Ende August ließ die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die Kreditwirtschaft wissen, dass zur Legitimation nun auch Duldungspapiere mit Foto ausreichen, wenn diese Briefkopf und Siegel einer deutschen Ausländerbehörde tragen und vom Sachbearbeiter unterschrieben sind. So sollen Flüchtlinge einfacher an ein Basiskonto kommen, auf das etwa Sozialleistungen fließen können.

Der finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen, Gerhard Schick, kritisierte: „Noch immer verstecken sich Banken hinter rechtlichen Problemen - die inzwischen aber nicht mehr bestehen, wenn es um Bankkonten für Flüchtlinge geht.“ Geldinstitute müssten hier ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nachkommen. „Ein Bankkonto ist für viele weitere Integrationsschritte eine wichtige Voraussetzung.“

Der Branchenprimus DEUTSCHE BANK und seine Noch-Tochter Postbank halten die Bafin-Empfehlungen gleichwohl nicht für ausreichend, um die Standards zu lockern. Das Institut erklärte, es müsse als weltweit tätiger Konzern auch „internationalen Regulierungen zur Prävention von Geldwäsche bei der Identifizierung von Geschäftspartnern genügen“. Hierzu sei „eine eindeutige Identifizierung durch die Vorlage geeigneter Ausweisdokumente erforderlich“.

Ein Sprecher der Bonner POSTBANK bekräftigte: „Die Gesetzeslage hat sich durch die Bafin-Empfehlung nicht verändert.“ Aktuell benötige die Postbank daher für die Eröffnung eines Kontos ein gültiges Ausweisdokument wie Reisepass oder Meldebescheinigung in Deutschland. „Sofern Flüchtlinge über diese Dokumente noch nicht verfügen, können wir ihnen leider heute noch kein Konto eröffnen“, sagte der Sprecher. Die Postbank arbeite aber „aktuell daran, Flüchtlingen im Rahmen des geltenden Rechts ein Kontomodell zur Verfügung stellen zu können“.

Zurückhaltend äußerte sich auch die COMMERZBANK, die ebenfalls auf internationale Vorgaben zu Geldwäsche verweist. „Daher prüfen wir vor Eröffnung eines Kontos unabhängig von der Herkunft eines Kunden immer jeden Einzelfall. Wenn diese Prüfung positiv ausfällt, eröffnen wir selbstverständlich auch für Flüchtlinge Konten“, sagte ein Sprecher des zweitgrößten deutschen Geldinstituts.

Der Privatbankenverband BdB bestärkt die großen Institute in ihrer Vorsicht. Das Bafin-Schreiben biete „auf internationaler Ebene keine Rechtssicherheit“, heißt es in einem Papier des Verbandes.

Die HYPOVEREINSBANK (HVB) teilte dagegen mit, bei ihr sei eine Kontoeröffnung auch „unter den erleichterten Bedingungen anhand des entsprechenden Dokumentes der Ausländerbehörde“ möglich.

Bei VOLKSBANKEN und Sparkassen - vor Ort meist erste Anlaufstelle in Sachen Geld für Menschen, die nach Deutschland kommen - scheint das Prozedere unkomplizierter. „Die genossenschaftlichen Institute haben schon vor den Vereinfachungen durch die Bafin getan, was möglich war, um Flüchtlingen bei der Kontoeröffnung entgegenzukommen“, betonte eine Sprecherin des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der die gut 1000 Institute vertritt. Die Banken setzten die Bafin-Empfehlungen hier „sehr unbürokratisch“ um.

Ähnlich positionieren sich die SPARKASSEN. Nach Angaben ihres Dachverbandes DSGV hatten viele der gut 400 Sparkassen bereits vor der Bafin-Regelung mit Kommunen Vereinbarungen zur Eröffnung von Konten für Flüchtlinge getroffen. Schließlich hatten sich die öffentlich-rechtlichen Institute schon im Herbst 2012 dazu verpflichtet, jeder Privatperson in ihrem Geschäftsgebiet ein Guthabenkonto einzurichten - das sogenannte Bürgerkonto.

In der Praxis ist das allerdings nicht immer einfach: Die FRANKFURTER SPARKASSE (Fraspa), Deutschlands viertgrößte Sparkasse, eröffnete nach Angaben eines Sprechers in den vergangenen drei Monaten etwa 1000 Konten für Flüchtlinge. „Schwierig bleibt für Kreditinstitute, dass der Kontoinhaber eine feste Adresse benötigt, an welche ihm Post zugestellt werden kann“, sagte der Sprecher. „In Frankfurt werden Flüchtlinge teilweise in Hotels untergebracht. Hier benötigen Kreditinstitute eine Bestätigung der Stadt oder der Einrichtung, dass eine Postzustellung möglich ist.“

Auch sprachliche Hürden stehen der Kontoeröffnung bisweilen im Weg. Bei der Helaba-Tochter Fraspa müssen sich ausländische Neukunden notfalls einen Übersetzer selbst organisieren. Einmal sei der Übersetzer per Handy zum Gespräch mit dem Bankberater hinzugezogen werden, schilderte der Fraspa-Sprecher.

Die FRANKFURTER VOLKSBANK hat nach eigener Schätzung seit dem Jahresbeginn eine Anzahl von Flüchtlingskonten im unteren dreistelligen Bereich eröffnet. Deutschlands zweitgrößte Volksbank nutze die Übergangsregelungen, die von der Bafin geschaffen wurden.

Eine Bafin-Sprecherin betonte, es bleibe den Instituten überlassen, ob sie von den vereinfachten Bedingungen Gebrauch machten oder nicht: „Das ist eine Erleichterung der gesetzlichen Vorschriften. Die Bafin verpflichtet Banken nicht, Konten für Flüchtlinge zu eröffnen.“

Die Übergangsregelung gelte voraussichtlich bis ins erste Quartal 2016. Dann will die Bundesregierung ein Gesetz erlassen, das auch Flüchtlingen und Obdachlosen das Recht auf ein Bankkonto einräumt. Damit würde Deutschland die sogenannte EU-Zahlungskontenrichtlinie umsetzen. Diese sieht vor, dass der Zugang zu einem Konto von September 2016 an EU-weit diskriminierungsfrei sein muss.

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