Firmen unterlaufen Mindestlöhne

In der Bauwirtschaft sind 1500 Bußgeldverfahren eingeleitet. Verbände fordern mehr Kontrollen.

Berlin. Nach einem Regierungsbericht über zahlreiche Verstöße gegen gesetzliche Mindestlohnregelungen in deutschen Firmen ist eine Diskussion über die Konsequenzen entbrannt. Im vergangenen Jahr wurden allein in der Bauwirtschaft fast 1500 Bußgeldverfahren eingeleitet, wie aus einer bekannt gewordenen Bilanz des Arbeitsministeriums hervorgeht. Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft forderte mehr Personal für Kontrollen.

Aus der Antwort des Ministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion und deren Arbeitsmarktexpertin Beate Müller-Gemmeke geht hervor, dass auch gegen rund 200 Firmen der Gebäudereinigungsbranche wegen Mindestlohnverstößen ein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde. Laut Arbeitsministerium gelten Lohnuntergrenzen inzwischen für 2,1 Millionen Arbeitnehmer in acht Branchen. 800 000 arbeiten im Bau- sowie 700 000 im Gebäudereinigungsgewerbe.

Ab 1. August dieses Jahres werden weitere 560 000 Mindestlohnberechtigte dazukommen. Dann tritt auch für Pflegekräfte in der sogenannten Grundpflege in Altenheimen und ambulanten Pflegediensten eine Gehaltsuntergrenze in Kraft. Vereinbart, aber noch nicht für allgemein verbindlich erklärt, sind in der Pflegebranche Stundenlöhne von 7,50 Euro im Westen und 8,50 Euro im Osten.

Bei der für die Verfolgung von Mindestlohnverstößen zuständigen Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls gibt es derzeit rund 6600 Stellen. Bis 2012 soll die Zahl nach Angaben des zuständigen Bundesfinanzministeriums um lediglich 350 erhöht werden. Der Chef der Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ, Klaus Leprich, kritisierte die Personalstärke der Finanzkontrolle als viel zu gering.

Einen "eklatanten Mangel an Kontrollen" beklagte auch der Zweckverband Ostdeutscher Bauverbände (ZVOB). Das komme einer Einladung an Firmen gleich, die Mindestlohnregelungen zu unterlaufen, erklärte Geschäftsführer Wolf Burkhard Wenkel. Die 70 000 Baustellen bundesweit müssten regelmäßig überprüft werden. Dafür müsse die Zahl der Zollkontrolleure sofort verdoppelt werden.

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums wies die Kritik zurück. Er gehe davon aus, dass die Überwachung der Mindestlohnregeln sichergestellt sei.

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