Fieberhaftes Ringen um Schuldenschnitt für Athen

Athen/London (dpa) - Die Verhandlungen des Euro-Sorgenkindes Griechenlands mit den Banken über den dringend benötigten Schuldenschnitt könnten bis zum Wochenende oder spätestens Anfang kommender Woche abgeschlossen werden.

Dies sagte Ministerpräsident Lucas Papademos. "Notfalls werden wir (die Verhandlungen) telefonisch abschließen", betonte er. Papademos sprach am Rande des Neujahrsempfangs für das Diplomatische Corps des griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias.

Die Verhandlungen verliefen zuletzt zäh: Von einem regelrechten "Pokerspiel" schrieb etwa die griechische Presse. Den Berichten zufolge kommt aber offenbar Bewegung in die Gespräche. Demnach wird der Geschäftsführer des Internationalen Bankenverbands (IIF), Charles Dallara, an diesem Donnerstag zurück in Athen erwartet.

Der angestrebte freiwillige Forderungsverzicht der privaten Gläubiger soll Griechenlands Schulden um rund 100 Milliarden Euro drücken und damit dem Land helfen, auf lange Sicht wieder selbst seine Verbindlichkeiten abbauen zu können. Streitpunkt waren zuletzt die Zinsen für neue, langfristige Anleihen. Die Banken und andere Gläubiger wollen nicht weniger als vier Prozent im Durchschnitt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und wichtige EU-Staaten wollen den Zinssatz der neuen Anleihen auf maximal 3,5 Prozent drücken, weil sonst die Last für Griechenland immer noch zu groß sei.

Einem Bericht der "Financial Times" (Mittwoch) zufolge drängt der IWF die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer Beteiligung an einem Schuldenschnitt in Griechenland. Das Blatt beruft sich auf europäische Regierungskreise. Demnach hat der EZB-Rat unlängst darüber diskutiert, wie man der Problematik begegnen könnte. Ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des IWF habe aber bestritten, dass der Fonds Druck auf die Notenbank ausübe.

Hintergrund der Problematik ist, dass die EZB in großem Umfang seit dem Frühjahr 2010 griechische Staatsanleihen am freien Markt gekauft hat. Sie flankiert damit das erste Rettungspaket für Athen. Da die Staatstitel bereits seinerzeit stark unter Druck gestanden haben, hat die EZB diese Papiere zu sehr geringen Marktpreisen gekauft. Falls Griechenland nicht pleite ginge, würde die EZB im Gegensatz zu Banken, die auf Forderungen verzichten sollen, den kompletten Nennwert der Anleihen zum Laufzeitende zurückerhalten und damit deutliche Kursgewinne erzielen.

Darüber hinaus nimmt die Notenbank nach wie vor griechische Staatspapiere als Sicherheit in ihrem Refinanzierungsgeschäft mit den Geschäftsbanken entgegen. Die EZB hat mehrfach bekundet, sich nicht an einem Schuldenschnitt in Griechenland beteiligen zu wollen.

Parallel zu den Verhandlungen läuft auch eine neue gründliche Kontrolle der griechischen Finanzen: Experten der EU, des IWF und der EZB stellten erneut Verspätungen bei den Reformen fest. Zudem fordert die "Troika" weitere tiefe Einschnitte, diesmal im privaten Sektor. Das 13. und 14. Monatsgehalt soll abgeschafft werden. Tarifverträge sollen nicht mehr gelten. Arbeitszeiten sollen liberalisiert werden. Zudem sollen Zusatzrenten gekürzt und Staatsbedienstete entlassen werden.

Die griechische Übergangsregierung unter dem parteilosen Finanzexperten Papademos steckte unterdessen am späten Dienstagabend eine erste Niederlage im Parlament ein: Ein Gesetz, das die Freigabe der Öffnungszeiten für Apotheken vorsah, wurde nicht gebilligt. Vor allem Abgeordnete der Sozialisten stimmten dagegen oder enthielten sich der Stimme. Dagegen wurden zahlreiche andere Gesetze, die den freien Zugang zu vielen Berufen vorsehen von der Regierungsmehrheit gebilligt.

Die Regierung Papademos wird von den Sozialisten, den Konservativen und einer kleinen rechtsgerichteten Partei unterstützt und hat die Aufgabe alle nötigen Gesetze und Reformen in die Tat umzusetzen, damit Griechenland das neue Hilfsprogramm in Höhe von 130 Milliarden Euro bekommt. Danach sollen vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden. Ein Datum dafür steht noch nicht fest.

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