Fachkräfte dringend gesucht

Die Geschäftslage ist glänzend. Doch unbesetzte Stellen führen im Mittelstand zu Milliardeneinbußen.

Berlin. Das Fachkräfteproblem wird immer drängender: Dem Mittelstand entgehen Umsätze in Milliardenhöhe, weil Stellen leer bleiben. Bei der Jagd nach guten Leuten müssen Mittelständler verstärkt mit Dax-Konzernen konkurrieren: Denn viele von ihnen stellen wieder ein.

Mindestens 30 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr entgehen den deutschen Mittelstländlern, weil sie nicht jede Stelle besetzen können. Dies geht aus einer Hochrechnung der Beratungsgesellschaft Ernst & Young hervor. Inzwischen fällt es drei Viertel der Mittelständler „eher“ oder sogar „sehr schwer“, ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden (73 Prozent), wie es in der Umfrage heißt. Am stärksten betroffen sind Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg.

Sehr knapp ist das Arbeitskräfteangebot im Segment Bau/Energie: 81 Prozent der Chefs sprechen von einer „eher“ oder „sehr schweren“ Suche. „Erhebliche Umsatzeinbußen“ wegen des Fachkräftemangels melden 15 Prozent, 36 Prozent sprechen von Einbußen von bis zu fünf Prozent.

Glänzend sieht es bei der aktuellen Geschäftslage aus: Diese nennen 92 Prozent der Mittelständler „gut“ oder „eher gut“ — ein solcher Wert wurde nicht einmal im Boom-Jahr 2007 gemessen. Zudem erwartet mehr als die Hälfte der Mittelständler eine weitere Verbesserung ihrer Geschäftslage.

Mehr als jedes vierte Unternehmen will zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Zwei von drei Unternehmern rechnen aber mit wachsenden Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Top-Personal. Einen Stellenabbau plant lediglich jeder 17. Mittelständler. Für das Mittelstandsbarometer befragte Ernst & Young 3000 Firmen mit 30 bis 2000 Mitarbeitern.

Auf der Jagd nach guten Mitarbeitern sind inzwischen auch die Dax-Konzerne: Rund die Hälfte will in diesem Jahr neue Stellen schaffen, wie die „Süddeutsche Zeitung“ ermittelte. Von den 30 Konzernen wollen 14 Beschäftigte einstellen und sieben ihre Mitarbeiterzahl konstant halten. Sechs Konzerne machten keine Angaben zu ihren Plänen, nur die Commerzbank, der Chemie- und Pharmakonzern Bayer sowie die Deutsche Börse wollen erklärtermaßen die Zahl ihrer Mitarbeiter verringern.

„Die Firmen stellen wieder verstärkt ein. Im Jahresdurchschnitt 2011 werden wir daher weniger als drei Millionen Arbeitslose haben, und es werden so viele Menschen erwerbstätig sein wie nie zuvor im geeinigten Deutschland“, sagt Joachim Möller, der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg der „Süddeutschen Zeitung“.

Konkrete Zahlen nennt der VW-Konzern, der in den kommenden drei bis fünf Jahren bis zu 50 000 neue Stellen schaffen will, 5000 bis 6000 davon in Deutschland. Bei Adidas sollen es in diesem Jahr 2000 neue Jobs werden. Siemens spricht von weltweit 12 000 offenen Stellen — 3000 davon in Deutschland.

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