EZB-Chefvolkswirt dämpft Hoffnungen auf Zinssenkung

Frankfurt/Main (dpa) - Der neue Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Peter Praet, hat Hoffnungen auf eine weitere Leitzinssenkung gedämpft.

„Die Krise hat zu einer Flucht in Sicherheit geführt, was insbesondere für deutsche Staatsanleihen zu sehr niedrigen Zinsen geführt hat. Dadurch sind die Kreditkondition in einigen Teilen des Euroraums schon sehr, sehr günstig“, sagte der Belgier der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Mittwoch). Grundsätzlich wollte er eine Leitzinssenkung jedoch nicht ausschließen: „Sie wissen, dass wir uns nie vorher festlegen.“

Praet sieht jedoch vorsichtige Hinweise für ein Ende des wirtschaftlichen Abschwungs. „Immerhin gibt es Anzeichen, dass das Tempo des Abschwungs abnimmt und sich allmählich Stabilisierung einstellt.“ Im Dezember sei noch eine Beschleunigung des Abschwungs befürchtet worden. Die Kreditkonditionen blieben allerdings in einigen Bereichen schwierig. „Vermutlich wird es im Winterhalbjahr nur ein sehr schwaches Wirtschaftswachstum geben.“ Risikofaktoren seien eine Zuspitzung der Bankenkrise, die Staatsschuldenkrise und auch ein Anstieg des Ölpreises. Außerdem könnte es laut Praet eine Abschwächung der Weltwirtschaft geben.

Die Krisenländer müssen nach seinen Worten ihre Sparpolitik fortsetzen: „Es ist schlicht: Für einige Länder gibt es einfach keine andere Möglichkeit.“ Sonst würden sie das Vertrauen der Gläubiger und der eigenen Bevölkerung nicht wiedergewinnen. „Und wenn man auf den Euroraum insgesamt schaut, kann man erst recht nicht von 'kaputtsparen' sprechen“, sagte Praet. Man müsse Reformschritte unternehmen, die Beschäftigung fördern und die Staatshaushalte konsolidieren. Dies könne beispielsweise durch eine Rentenreform erreicht werden.

Der Europäische Rettungsfonds EFSF muss laut Praet möglichst schnell voll handlungsfähig werden. „Dann kann man sehen, wie wirksam er arbeitet.“ Die Entscheidung über eine Aufstockung sei Aufgabe der Regierungen. „Größe zählt, aber noch wichtiger ist das Einstehen der Regierungen für Europa.“ Es gebe eine „gesunde Diskussion“ zwischen denen, die mehr Geld fordern und denen, die zuerst Strukturreformen und Konsolidierungsmaßnahmen sehen wollen. „Jetzt geht es um Unterstützung, aber nicht ohne Reformen. Wir haben zuvor zu viele schlechte Erfahrungen gemacht.“

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