EuGH muss sich mit Schrempp-Rücktritt befassen

Karlsruhe (dpa) - Das Verfahren um die möglicherweise verspätete Mitteilung über den Rücktritt des damaligen DaimlerChrysler-Chefs Jürgen Schrempp wird den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beschäftigen.

Der Bundesgerichtshof entschied in einem am Donnerstag bekanntgegebenen Beschluss, dem EuGH Fragen zur Auslegung der Richtlinien über die Veröffentlichung von Insider-Informationen vorzulegen. In einem Musterverfahren hatte ein Aktionär auf Schadensersatz geklagt, weil die Information über den Rücktritt Schrempps seiner Ansicht nach zu spät veröffentlicht wurde (Az. II ZB 7/09).

Schrempp hatte am 17. Mai 2005 mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Hilmar Kopper über seine Rücktrittspläne gesprochen. In der Folge wurden nach und nach einige Konzernangehörige eingeweiht, unter anderem Schrempps Nachfolger Dieter Zetsche. Am 27. Juli 2005 beschloss der Präsidialausschuss, dem Aufsichtsrat vorzuschlagen, dem vorzeitigen Ausscheiden Schrempps zum Jahresende zuzustimmen.

Der Aufsichtsrat fasste am darauf folgenden Tag gegen 9.50 Uhr einen entsprechenden Beschluss. Um 10.32 Uhr wurde die Ad-hoc-Mitteilung in der Meldungsdatenbank der Deutschen Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität (DGAP) veröffentlicht.

Die Nachricht über den Rücktritt Schrempps hatte den Kurs der DaimlerChrysler-Aktien deutlich nach oben getrieben. Fraglich ist, zu welchem Zeitpunkt des Entscheidungsprozesses die Öffentlichkeit zum ersten Mal hätte informiert werden müssen. Zahlreiche Aktionäre hatten geklagt. Sie sind der Ansicht, sie hätten aufgrund einer zu späten Information Geld verloren.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte in einem ersten Musterverfahren geurteilt, dass erst mit der Entscheidung des Aufsichtsrats am 28. Juli eine Insiderinformation entstanden sei und DaimlerChrysler hierüber unverzüglich informiert habe. Diese Entscheidung hatte der BGH jedoch im Februar 2008 aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Daraufhin entschied das OLG: Frühestens mit der Entscheidung des Präsidialausschusses habe eine veröffentlichungspflichtige Insider- Information vorgelegen. Doch auch an dieser Entscheidung hat der BGH offensichtlich Zweifel.

Die Entscheidung hänge davon, „ob bei einem zeitlich gestreckten Vorgang Zwischenschritte selbstständig von Bedeutung und damit veröffentlichungspflichtig sein können“, so der BGH am Donnerstag - oder ob eine Veröffentlichung nur nötig sei, wenn der Eintritt des Ereignisses hinreichend wahrscheinlich wird.

Die Marktmissbrauchs-Richtlinie, die den Begriff der Insider- Information definiert, gebe hierauf keine zweifelsfreie Antwort. Deshalb, so der BGH, müsse nun der Europäische Gerichtshof über die Auslegung entscheiden. Entsprechende Fragen werden nun dem EuGH vorgelegt.

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