EU-Kommission gibt Frankreich noch einmal mehr Zeit zum Sparen

Brüssel (dpa) - Defizitsünder Frankreich bekommt unter Auflagen noch einmal mehr Zeit zum Sparen. Die EU-Kommission genehmigte der Pariser Regierung am Mittwoch zwei weitere Jahre, um die EU-Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung einzuhalten.

EU-Kommission gibt Frankreich noch einmal mehr Zeit zum Sparen
Foto: dpa

Bis April müssen allerdings Details zu geplanten Reformen vorgelegt werden. Wenn die Pläne von Präsident François Hollande und seiner Regierung nicht weit genug gehen, droht im Mai eine weitere Verschärfung des bereits seit Jahren laufenden Verfahrens. Dies könnte dann ein weiterer Schritt hin zu einer Geldstrafe in Milliardenhöhe für das Land sein.

Ursprünglich sollte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone das Haushaltsziel von höchstens drei Prozent Defizit bereits in diesem Jahr und nicht erst 2017 einhalten.

Den erneuten Fristaufschub für Frankreich erklärte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici mit den jüngsten Reformplänen. „In diesem Verfahren geht es nicht um Zwang oder Bestrafung“, sagte er. Stattdessen sollte es soweit möglich Ermutigung geben. Vergleiche zwischen Frankreich und Griechenland wies sein ebenfalls zuständiger Amtskollege Valdis Dombrovskis zurück. Anders als Paris könne sich Athen nicht selbst finanziell über Wasser halten.

Die Entscheidung der EU-Kommission fiel im Zuge ihrer jährlichen Analyse der Wirtschaftspolitik der EU-Staaten. Diese mussten dafür ihre Haushaltsentwürfe für das laufende Jahr vorlegen. Die Kommission hatte explizit Frankreich, Italien und Belgien eine Frist bis März gesetzt, um die jeweiligen nationalen Haushalte in Ordnung zu bringen. Gegen Italien und Belgien lief zuletzt allerdings kein offizielles Defizitstrafverfahren, an deren Ende Geldstrafen stehen können. Beide Länder wendeten Verfahren auch jetzt wieder ab.

Deutschland kam bei der Analyse vergleichsweise gut weg. Die Bundesregierung sollte aus Sicht der EU-Kommission aber mehr zur Ankurbelung privater und öffentlicher Investitionen tun. Andernfalls drohten negative Folgen für die deutsche Wirtschaft und, angesichts ihrer Größe, auch für die europäische Wirtschaft, warnte Währungskommissar Moscovici.

Dombrovskis bezeichnete Frankreich als den „kompliziertesten Fall“ unter den 16 EU-Ländern, die unter besonderer Beobachtung seiner Behörde stehen. Das Land hatte zuvor bereits zwei Mal mehr Zeit zum Drücken seines überhöhten Defizits erhalten. Es macht die Konjunkturflaute für seine langsamen Fortschritte beim Defizitabbau verantwortlich.

Für diese Jahr fordert die EU-Kommission von der Regierung in Paris, das sogenannte Strukturdefizit, bei dem Konjunktureffekte ausgeklammert sind, um 0,5 Prozentpunkte zu senken. Die Regierung hatte anfangs nur 0,3 Prozentpunkte anvisiert.

Nach jüngsten Berechnungen des Finanzministeriums in Paris soll das Haushaltsdefizit Frankreichs in diesem Jahr bei 4,1 Prozent liegen, 2014 lag es nach jüngsten Berechnungen bei 4,4 Prozent.

Der neue EU-Fahrplan für den Abbau des Haushaltsdefizits entspricht nach Angaben von Finanzminister Michel Sapin genau den Planungen seiner Regierung. Das „Handelsblatt“ hatte zu Wochenbeginn berichtet, Frankreich wolle sein Haushaltsdefizit erst im Jahr 2018 unter den EU-Grenzwert drücken und habe einen dreijährigen Aufschub beantragt. Grund sei die französische Präsidentschaftswahl im Jahr 2017 gewesen. Die Regierung in Paris wolle den Streit um unpopuläre Sparmaßnahmen und Strukturreformen aus dem Wahlkampf heraushalten.

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