„Katastrophale Folgen“ Dreht Russland Deutschland den Gashahn zu? Das sagt der Kreml zu der Befürchtung

Moskau · Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat zuletzt öfter die Sorge geäußert, dass Russland die Gaslieferungen an Deutschland bald einstellen könnte. Nun gibt es Signale aus dem Kreml dazu - und zwar sehr unterschiedliche.

 Wladimir Putin hat dem Westen erneut gedroht.

Wladimir Putin hat dem Westen erneut gedroht.

Foto: dpa/Alexander Zemlianichenko

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck befürchtet ein vollständiges Ausbleiben russischer Gaslieferungen durch die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream. Es drohe ab dem 11. Juli „eine Blockade von Nord Stream 1 insgesamt“, sagte der Grünen-Politiker. Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten. Die Pipeline werde in der Regel für zehn Tage heruntergefahren, so Habeck. Aber nach dem Muster, dass man gesehen habe, wäre es nicht „superüberraschend“, wenn irgendein kleines Teil gefunden werde. „Und dann sagt man: Ja, das können wir halt nicht wieder anmachen, jetzt haben wir bei der Wartung irgendwas gefunden und das war's dann. Also insofern ist die Situation durchaus angespannt.“ Diese Sorge erklärte Habeck zuletzt auch im Interview bei Markus Lanz im ZDF.

Bleibt der Gashahn bald zu? So unterschiedlich äußert sich Russland

Der Kreml reagierte nun sehr unterschiedlich. „Wenn die Turbine nach der Reparatur kommt, dann erlaubt das eine Zunahme der Umfänge“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. „Die Frage ist nur, warum das nicht gleich so gemacht wurde.“ Peskow wies einmal mehr zurück, dass Russland sein Gas als politisches Druckmittel einsetze.

Es handele sich nicht um ausgedachte Reparaturarbeiten, sondern um planmäßig angesetzte Instandhaltungen. „Wir weisen voll und ganz jedwede Andeutungen oder direkte Mitteilungen zurück, dass die russische Seite Gas oder Öl als Waffe für einen politischen Druck benutzt“, sagte Peskow. Russland erfülle alle Verpflichtungen gemäß der Verträge. „Und Russland ist vor allem in der Lage, die volle Energiesicherheit Europas zu gewährleisten.“

Russlands Präsident Wladimir Putin hingegen drohte im Fall einer Ausweitung der Sanktionen gegen sein Land mit weitreichenden Folgen für den Westen. „Eine weitere Anwendung der Sanktionspolitik kann zu noch schwerwiegenderen, ohne Übertreibung sogar zu katastrophalen Folgen auf dem globalen Energiemarkt führen“, sagte Putin am Freitag der Agentur Interfax zufolge bei einem Treffen mit Regierungsvertretern. Als Reaktion auf Russland Krieg gegen die Ukraine hat etwa die Europäische Union weitreichende Sanktionen beschlossen - darunter ein Embargo für russisches Öl.

Einmal mehr sprach Putin von einem „wirtschaftlichen Blitzkrieg“ des Westens, der gescheitert sei. Nichtsdestotrotz räumte er dieses Mal ein: „Diese Handlungen, die Beschränkungen schaden unserer Wirtschaft, und viele Risiken bleiben bestehen.“ Der Kremlchef erklärte etwa, russische Unternehmen müssten sich auf das Ölembargo vorbereiten und sich beim Export von Energieressourcen breiter aufstellen.

Gaslieferung zuletzt drastisch zurückgefahren

Insbesondere könne Russland auch garantieren, dass die Verbraucher in den europäischen Ländern nicht ständig steigende Preise für Strom, Wärme und anderes hinnehmen müssten, erklärte hingegen Kremlsprecher Dmitri Peskow. Der russische Staatskonzern Gazprom hatte die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 nach Deutschland zuletzt drastisch reduziert - und das auch mit dem Fehlen einer Turbine begründet. Diese Erklärung hatten deutsche Politiker daraufhin als Vorwand bezeichnet und Russland einen „ökonomischen Angriff“ vorgeworfen.

Eine Lösung für die Auslieferungsprobleme könnte sein, dass die Turbine aus Kanada zunächst nach Deutschland geliefert wird, statt direkt nach Russland. Dafür gebe es „aus Kanada positive Signale“, bestätigte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in der Bundespressekonferenz in Berlin.

Russland besteht darauf, dass die vorgeschriebenen Wartungsarbeiten trotz der Sanktionen des Westens wegen Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine weiterhin erledigt werden. Die Anlagen werden in Kanada gewartet, das sich an den Sanktionen des Westens beteiligt.

Durch die Drosselung russischer Gaslieferungen durch Nord Stream 1 geriet Deutschlands größter Importeur von russischem Erdgas, Uniper, in Turbulenzen und rief nach Staatshilfen. Die Probleme auf dem Gasmarkt könnten sich noch verschärfen. Am 11. Juli beginnen jährliche Wartungsarbeiten von Nord Stream 1, die in der Regel zehn Tage dauern. Die große Sorge ist, dass Russland nach der Wartung den Gashahn nicht wieder aufdreht.

(dpa/afp/red)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort