Dirk „Mister Dax“ Müller: „Die Märkte sind verrückt“
Börsenmakler Dirk Müller über den Höhenflug an der Börse, die Flaute der Konjunktur und unsichere Prognosen.
Berlin. Der Deutsche Aktienmarkt feiert einen Rekord nach dem anderen. Gleichzeitig ist die deutsche Wirtschaft in den ersten drei Monaten nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Börsenmakler Dirk Müller hält dies für problematisch.
Herr Müller, die Wirtschaft stagniert, die Börse boomt. Ist das nicht ein Widerspruch?
Dirk Müller: Das passt zusammen. Die Flucht in Aktien wird dadurch getrieben, dass die Notenbanken extrem viel Liquidität zur Verfügung stellen, aber die Unternehmen rufen das Geld nicht ab, um zu investieren. Warum auch? Die Konjunktur bricht in Südeuropa weiter ein. Deshalb legen die Banken das billige Geld in Sachwerte, also in Aktien an, in der Hoffnung, Geld zu verdienen. Und die Bürger sehen, dass sie mit den mickrigen Zinsen ihr Vermögen nicht erhalten können. Deshalb setzen sie ebenfalls auf Sachwerte.
Täuscht der Eindruck, dass sich Aktienmarkt und Realwirtschaft immer stärker voneinander abkoppeln?
Müller: Dieser Eindruck trügt überhaupt nicht. Das liegt daran, dass soviel Geld in die Märkte gepumpt wird wie selten. Folglich gelten auch die alten Mechanismen nicht mehr. Nehmen Sie nur Edelmetalle wie Gold, die vergleichsweise billig zu haben sind. Angesichts der Inflationsgefahr müsste es genau umgekehrt sein — in der Vergangenheit hatte sich Gold dann stets verteuert.
Können Börse und Realwirtschaft überhaupt wieder zusammenkommen?
Müller: Dieses Auseinanderdriften ist besorgniserregend. Die Geschichte lehrt, dass das nicht unendlich geht. Irgendwann schlägt das Pendel zurück. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Realwirtschaft passt sich den Aktienmärkten an, oder die Aktienmärkte der Realwirtschaft. Letzteres war beim Crash 2008 der Fall.
2007 stand der Dax über 8000 Punkte. Im Jahr darauf hatte er sich beinah halbiert. Droht ein solcher Crash wieder?