Die US-Banken taumeln – Europas Aktien brechen ein

Finanzkrise: Der Panikverkauf der Investmentbank Bear Stearns stürzt die Kapitalmärkte in schwere Turbulenzen.

<strong>New York/Frankfurt. Die dramatische Zuspitzung der Finanzkrise in den USA hat die Kapitalmärkte weltweit in Turbulenzen gestürzt. Der Panikverkauf der Investmentbank Bear Stearns und die überraschenden Notfallaktionen der US-Notenbank Fed schickten die Börsen auf Talfahrt. Der deutsche Aktienindex Dax stürzte auf den tiefsten Stand seit Oktober 2006. Er fiel um 4,18 Prozent auf 6182,30 Punkte. Selbst abgebrühte Aktienhändler verlieren langsam die Nerven, hieß es auf dem Börsenparkett. Euro, Gold und Rohöl erreichten erneut Rekordstände. Die Märkte reagierten auf die Nachricht von der Übernahme der US-Investmentbank Bear Stearns durch JPMorgan Chase für einen Bruchteil ihres bisherigen Werts. JPMorgan Chase erwarb die Investmentbank zum Schnäppchenpreis von 236 Millionen Dollar (149Millionen Euro). Bear Stearns wäre am Freitag noch 3,5 Milliarden Dollar wert gewesen. Die US-Notenbank Fed machte das Geschäft mit massiven Bürgschaften möglich: Sie erklärte sich bereit, Risiken in Höhe von 30 Milliarden Dollar für Bear Stearns’ schlecht gesicherte Investitionen abzuschirmen. Die Fed flankierte die Rettungsaktion mit einer Senkung des Diskontsatzes von 3,5 auf 3,25 Prozent. Zu diesem Satz besorgen sich Geschäftsbanken kurzfristig Kredite. Der Schritt soll mehr Geld in das angeschlagene Finanzsystem fließen lassen, doch die Märkte ließen sich nicht beruhigen. Der Ausverkauf von Bear Stearns wurde als alarmierendes Indiz für das wahre Ausmaß der Krise gewertet. Für neue Aufregung sorgten Gerüchte um finanzielle Probleme der US-Investmentbank Lehman Brothers - sie geriet daraufhin in den Strudel der fallenden Aktienmärkte. US-Präsident George W. Bush würdigte das "schnelle Handeln" der Fed. Er räumte ein, dass die US-Wirtschaft "eine herausfordernde Zeit" durchlebe. Die Bundesregierung riet zu Besonnenheit. "Wir sind zuversichtlich, dass Deutschland mit diesen Belastungen fertig werden kann", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Stefan Olbermann. Zu Panik gebe es keinen Anlass.

Vertrauenskrise

Kommentar von Annette Ludwig

Selbst hartgesottene Aktienprofis verlieren langsam die Nerven. "Vertrauenskrise" ist eines der Worte, das derzeit auf dem Börsenparkett am häufigsten zu hören ist. Ohne Vertrauen aber funktionieren die Märkte nicht. Denn die Liquidität, die den eigentlichen Schmierstoff im ganzen Finanzsystem darstellt, kann ihre Wirkung nur entfalten, wenn sich die Marktteilnehmer auf Aussagen von Unternehmenschefs, Notenbankern oder Politikern wirklich verlassen können. Fehlt dieses Grundvertrauen, werden die Märkte zum Spielball von wankelmütigen Spekulanten. Genau das passiert derzeit. Die Zentralbanken müssen das Heft in die Hand nehmen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort