Die Geheimnisträgerin von Underberg

Hubertine Underberg-Ruder bringt Firma und Familie unter einen Hut.

Rheinberg. Das stilvolle alte Underberg-Stammhaus am Rheinberger Marktplatz strahlt Würde aus. Hubertine Underberg-Ruder eilt durch die hallenartigen Räume, vorbei an Hirschgeweihen, schweren Möbelstücken und Ölgemälden.

Der Stammbaum der Familie hängt im Foyer und reicht vom Boden bis zur Decke, die typische mit Strohpapier umwickelte Flasche des Kräuter-Magenbitters Underberg ist überall präsent. Die 47 Jahre alte Chefin legt Wert auf Tradition, verkörpert aber auch die moderne Powerfrau, die Unternehmensleitung und Familie unter einen Hut bringt.

"Einfach ist das nicht", räumt Underberg-Ruder ein. Die vier Kinder sind zwischen sechs und 18 Jahre alt, der Ehemann ist ebenfalls im Unternehmen tätig. Die Familie lebt in der Schweiz, wo die Holding ihren Sitz hat, einmal pro Woche reist Underberg-Ruder an den Niederrhein. Als die älteren Kinder noch klein waren, arbeiteten beide Eltern in Teilzeit, zwei Betreuerinnen kamen abwechselnd ins Haus. "Ich glaube nicht, dass es das allein selig machende Konzept für Familie und Beruf gibt", betont die bekennende Katholikin. "Jeder muss sich das Modell, das zu ihm passt, erarbeiten."

Underberg-Ruder war 28, als ihr Vater Emil sie fragte, ob sie die Firma übernehmen wolle. "Ich hatte das nicht unbedingt erwartet", erinnert sie sich. Sie steckte im Endspurt ihrer Biologie-Promotion, hatte gerade geheiratet. Zwar ist sie die älteste von vier Geschwistern, doch ihr Bruder studierte BWL. "Aber mein Vater hat nun einmal so entschieden", sagt sie und streicht ihr Kostüm glatt. Nach leidvoller Erfahrung mit Erbstreitigkeiten wollte der heute 68-Jährige das Unternehmen nicht aufteilen, sondern an nur einen der Nachkommen übergeben.

So wird Underberg-Ruder zur "Geheimnisträgerin" - ein Familientitel, den außer ihr noch ihre Eltern und zwei Priester tragen. Denn nur diese Fünf kennen das Geheimrezept des Underberg - sogar Underberg-Ruders Ehemann darf erst nach der Silberhochzeit eingeweiht werden.

Etwa einmal im Monat trifft sich das Grüppchen in Rheinberg und mischt hinter verschlossenen Türen den Magenbitter mit Kräutern aus 43 Ländern zusammen. Ein schriftliches Rezept gebe es nicht, "wir haben alles im Kopf".

So gelang es der Familie, die Mixtur über 160 Jahre geheim zu halten. Underberg-Ruders Ur-Ur-Großvater Hubert Underberg hatte 1846 das Rezept für den Kräuterlikör entwickelt, den er bald in großem Stil vermarktete. Großvater Emil erfand die berühmte 2cl-Underberg-Portionsflasche, die er 1949 auf den Markt brachte.

Auch wenn der Underberg-Schnaps immer im Mittelpunkt steht - heute ist die Semper Idem GmbH längst ein weit verzweigtes Getränke-Unternehmen. Zu seinen Marken gehören Asbach, Pitú, Xuxu oder Grasovka-Wodka.

Die Geschäftszahlen gibt die Gruppe mit ihren 950 Mitarbeitern nicht bekannt - nur soviel: Mit den seit Jahren kolportierten 500 Millionen Euro Umsatz liegt man laut Underberg-Ruder noch immer "einigermaßen richtig".

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