Deutsche Börse und NYSE steuern gestärkt auf Fusion zu

Frankfurt/New York (dpa) - Der beste Jahresstart seit 2008 gibt der Deutschen Börse Rückenwind für die geplante Fusion mit dem New Yorker Börsenkonzern NYSE Euronext.

Die Erholung der Märkte, der nervöse Handel nach der Japan-Katastrophe und Kosteneinsparungen im eigenen Haus bescherten dem Frankfurter Dax-Konzern kräftige Zuwächse bei Umsatz und Gewinn. Auch die NYSE, die ihre Zahlen zeitgleich veröffentlichte, konnte zulegen. An eine Aufstockung der Offerte für die NYSE denken die Frankfurter nicht.

„Die Vereinbarungen für den Zusammenschluss wurden vollständig und über einen langen Zeitraum ausgehandelt“, sagte der Chef der Deutschen Börse, Reto Francioni, am Donnerstag in Frankfurt. Daran werde nichts geändert.

NYSE-Chef Duncan Niederauer sagte in New York: „Wir gehen davon aus, dass unsere ohnehin guten Wachstumsperspektiven durch einen Zusammenschluss mit der Deutschen Börse erweitert und beschleunigt werden.“ In New York trafen sich die Aktionäre zu ihrer jährlichen Hauptversammlung. „Mit dem Zusammenschluss entsteht ein Unternehmen, das die Branche verändern wird“, rief Niederauer den Anteilseignern zu.

Die Deutsche Börse und die traditionsreiche NYSE wollen den weltgrößten Börsenbetreiber schmieden. Allerdings ist ihnen die US-Technologiebörse Nasdaq OMX mit einem Gegenangebot für die US-Börse in die Parade gefahren. „Das Angebot ist illusorisch“, sagte NYSE-Verwaltungsratschef Jan-Michiel Hessels auf der Hauptversammlung. „Wir glauben nicht, dass sie die nötigen Genehmigungen bekommen.“

„Der Zusammenschluss mit der Deutschen Börse schafft den höchsten Wert“, erklärte Hessels und lobte die guten Zahlen der Frankfurter im ersten Quartal. Der Konzernüberschuss der Deutschen Börse stieg im Jahresvergleich um 36 Prozent auf 212,8 Millionen Euro. Auch die NYSE Euronext meldete gute Geschäfte. Im Auftaktquartal stieg der Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Viertel auf 177 Millionen Dollar (120 Mio Euro).

Doch letztlich steht vor allem die Fusion im Fokus. Die regulatorischen Hürden sind ein Spießrutenlauf: Wettbewerbs- und Finanzaufsichtsbehörden in den USA, Deutschland und bei der EU müssen zustimmen. Die Deutsche Börse hat ihre Unterlagen bereits bei der Finanzaufsicht BaFin eingereicht. Niederauer sagte: „Wir wollen unsere endgültigen Unterlagen bis Mitte Juni einreichen.“ Das Ziel bleibe weiterhin, die Fusion bis zum Ende des Jahres abzuschließen, erklärte die Deutsche Börse.

Auf der NYSE-Hauptversammlung brandete allerdings teils heftige Kritik an dem geplanten Zusammenschluss auf. Einige Aktionäre fühlen sich zu billig abgespeist, andere fürchten eine Übermacht der Deutschen. Trotz aller Sorgen wurden die Verwaltungsratsmitglieder in ihren Ämtern bestätigt. „Wir sind erfreut über die starke Aktionärsunterstützung für den Verwaltungsrat der NYSE Euronext“, hieß es aus Frankfurt. Sie habe bei mehr als 80 Prozent gelegen. Die Deutsche Börse sieht darin auch einen Vertrauensbeweis für das gemeinsame Fusionsvorhaben. Über die Fusion stimmen die NYSE-Anteilseigner allerdings gesondert auf einem Aktionärstreffen am 7. Juli ab.

Die Börsenbetreiber versuchen, den Aktionären den Zusammenschluss mit der Aussicht auf höhere Einsparungen und damit höhere Gewinne schmackhaft zu machen. Bereits 2012 und damit ein Jahr früher als geplant will die Deutsche Börse ihre unabhängig von der Fusion angestoßenen jährlichen Kosteneinsparungen von 150 Millionen Euro voll erreichen. Das schon im März 2010 bekanntgegebene Effizienzprogramm beinhaltet unter anderem Stellenverlagerungen nach Prag sowie den Abbau von rund zehn Prozent der Stellen auf Managementebene. Ein sogenanntes Freiwilligenprogramm bietet Mitarbeitern beispielsweise Abfindungen und Vorruhestand an.

Das gemeinsame Einsparziel im Rahmen der Fusion, das NYSE-Chef Niederauer bereits zuvor von 300 Millionen auf 400 Millionen Euro angehoben hatte, bestätigte nun auch Deutsche-Börse-Chef Francioni. Beide sehen vor allem in der Zusammenlegung der IT mehr Einsparpotenzial.

Die Sparpläne schüren beiderseits des Atlantiks Sorgen um Arbeitsplatzverluste. Vor allem in Frankfurt gibt es Ängste - der New Yorker Konzernchef Niederauer soll auch Chef der Gesamtbörse werden.

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