Hauptversammlung in Frankfurt Deutsche Bank setzt Rotstift an - wieder einmal

Frankfurt/Main (dpa) - Der neue Deutsche Bank-Chef Christian Sewing macht Druck: Mit einem verschärften Sparkurs will er kurz nach seinem Amtsantritt das Geldhaus voranbringen.

Hauptversammlung in Frankfurt: Deutsche Bank setzt Rotstift an - wieder einmal
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Nach drei Verlustjahren in Folge soll die Zahl der Vollzeitstellen im Konzern von derzeit rund 97 100 auf deutlich unter 90 000 sinken. Das Aktiengeschäft soll geschrumpft, riskante Geschäfte eingedampft werden. Anleger reagierten jedoch enttäuscht. Der Aktienkurs sackte bis zum Nachmittag auf den tiefsten Stand seit Herbst 2016.

„Der Stellenabbau ist unvermeidlich, wenn unsere Bank nachhaltig profitabel werden soll“, sagte Sewing am Donnerstag auf der Hauptversammlung des größten deutschen Bankhauses in Frankfurt. Der Abbau solle sozialverträglich erfolgen, auch dadurch, dass frei werdende Stellen nicht wieder besetzt werden.

Im Aktiengeschäft sollen etwa 25 Prozent der Jobs wegfallen. Sein Engagement im riskanten Geschäft mit Hedgefonds will das Geldhaus herunterfahren. Die genaue Zahl der in dem Bereich betroffenen Mitarbeiter nannte die Bank auch auf Nachfrage nicht.

„Wir stehen zu unserer Unternehmens- und Investmentbank und bleiben international — daran werden wir nicht rütteln“, erklärte Sewing. Die Deutsche Bank sei Europas Alternative im internationalen Finanzierungs- und Kapitalmarktgeschäft. „Aber wir müssen uns auf das konzentrieren, was wir wirklich gut können.“ Als ein Beispiel nannte er die Finanzierung von Exportgeschäften.

Andreas Thomae von Deka Investment begrüßte die Ausrichtung auf eine starke europäische Investmentbank mit globalen Produkten. „Werfen Sie unprofitablen Ballast über Bord, um mit den Kunden Geld zu verdienen, die Sie global begleiten“, forderte Thomae.

Sewing hat weiterreichende Pläne. „Wir müssen noch viel grundsätzlicher werden“, sagte der Bankchef. Damit meint er zum Beispiel eine stärkere Automatisierung der zigtausend Prozesse im Konzern.

Zunächst wird sich der Umbau allerdings mit Kosten von bis zu 800 Millionen Euro unter anderem für Abfindungen im Jahresergebnis 2018 niederschlagen.

Sewing, der seit Anfang April an der Spitze der Bank steht, hatte nach einem mageren ersten Quartal bereits Einschnitte vor allem im Investmentbanking angekündigt. Im ersten Vierteljahr verdiente Deutschlands größtes Geldhaus unter dem Strich 120 Millionen Euro, nach 575 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Die Erträge sanken im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fünf Prozent auf knapp 7,0 Milliarden Euro.

Vor allem der einstige Gewinnbringer - das Investmentbanking - schwächelt. Die Deutsche Bank verlor Marktanteile insbesondere an die US-Konkurrenz. Zudem sind die Kosten im Branchenvergleich sehr hoch.

Sewing, der fast sein ganzes Berufsleben bei der Deutschen Bank verbracht hat, war in einer Krisensitzung des Aufsichtsrates am 8. April mit sofortiger Wirkung zum Nachfolger des seit Sommer 2015 amtierenden John Cryan ernannt worden. Die Bank schrieb zuletzt drei Jahre in Folge rote Zahlen - allerdings auch deshalb, weil Cryan teure juristische Altlasten bereinigte. Kritiker hielten dem Briten aber vor, beim Konzernumbau zuletzt zu zögerlich agiert zu haben.

Cryan hatte 2015 die Streichung von etwa 9000 Jobs eingeleitet. Der Vergleich ist allerdings wenig aussagekräftig, da die Bank unter anderem den geplanten Verkauf der Postbank abgeblasen hat.

Der wegen der vergangenen Chef- und Strategiewechsel in der Kritik stehende Aufsichtsratschef Paul Achleitner verteidigte vor den Aktionären den überraschend schnellen Umbau an der Spitze der Bank. „Wir mussten handeln - auch wenn es ursprünglich nicht unsere Absicht war, so schnell den Wechsel herbeizuführen“, sagte Achleitner.

„Aber wir alle hätten uns gewünscht, dass dieser Wechsel ohne diese öffentliche Debatte stattgefunden hätte.“ Die Bank werde wegen unbefugter Weitergabe der Informationen Strafanzeige gegen unbekannt stellen.

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