Datenklau: Die Schweiz schlägt zurück

Lutz O. muss drei Jahre in Haft. Der Deutsche verkaufte Daten über Schwarzgeld.

Zürich. So viel lässt sich vermuten: Das Schweizer Urteil gegen IT-Techniker Lutz O. dürfte bei so manchem Steuerbetrüger in Deutschland Schadenfreude ausgelöst haben.

Der 54-jährige Deutsche hatte als Mitarbeiter der Zürcher Privatbank Julius Bär heimlich Daten von Schwarzgeldkunden besorgt und an den Fiskus der Bundesrepublik verkauft.

Die Oberfinanzdirektion in Münster konnte damit etliche Verfahren gegen Steuerhinterzieher einleiten. Nun ist der Datendieb in der Schweiz zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden — wegen Wirtschaftsspionage, Verletzung des eidgenössischen Bankgeheimnisses und Geldwäscherei.

Der Fall fügt dem seit Jahren immer wieder hochkochenden Schwarzgeldstreit zwischen Deutschland und der Schweiz nicht nur ein neues, sondern auch ein besonders bizarres Kapitel hinzu. So manche Frage der Schweizer Ermittler nach der Rechtsstaatlichkeit des deutschen Vorgehens bleibt vorerst offen.

Vor allem diese: War der verurteilte Deutsche mit Wissen des deutschen Staates, konkret des SPD-geführten Finanzministeriums in NRW, durch miese Tricks zu einer Straftat in der Schweiz gedrängt oder gar erpresst worden? Deutsche Steuerfahnder, hieß es stets, würden zwar Bankdaten-CDs kaufen, aber nie jemanden zu Straftaten in einem anderen Land anstiften.

Daran hat die Schweizer Staatsanwaltschaft wohl Zweifel. Sie ermittelt weiter gegen den mutmaßlichen „Komplizen“ des verurteilten Datendiebs. Dieser bereits pensionierte Steuerfahnder soll gewusst haben, dass O. bei seinem Umzug in die Schweiz im Jahre 2005 in der Bundesrepublik einen ganzen Berg an Steuerschulden zurückließ.

1,1 Millionen Euro wurden dem IT-Experten laut dessen Geständnis von dem deutschen Steuerfahnder angeboten. Tatsächlich bekommen habe er 200 000 Euro in bar.

Den weitaus größten Teil der Belohnung für 2700 Datensätze behielten demnach deutsche Finanzbehörden ein, um die Schulden des Datendiebs zu begleichen. Einen „jahrelangen Druck durch den deutschen Fiskus“ nannte O. denn auch als Motiv für sein Handeln.

Stirnrunzeln verursacht auch, dass der Ex-Steuerfahnder sich nach amtlichen Schweizer Angaben 220 000 Euro aus der Belohnungssumme in die eigene Tasche gesteckt haben soll. Und zwar „für dessen Vermittlungstätigkeit“.

Ein pensionierter deutscher Steuerfahnder steckt sich mal eben so 220 000 Euro an deutschen Steuergeldern als Belohnung ein? In der Schweiz jedenfalls hält man das für denkbar.

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