Bilanz-Pressekonferenz Coronavirus – kann Bayer helfen?

Leverkusen · Bei Vorstellung der Bilanz geht es auch um die Expertise des Pharmaherstellers Bayer bei der bekämpfung des Coronavirus. Zahl der Glyphosat-Kläger in den USA weiter gestiegen.

 Salopp ohne Krawatte. Bayer-Chef Werner Baumann (l), Finanzchef Wolfgang Nickl (M) und Stefan Oelrich, Leiter der Pharma-Sparte bei Bayer.

Salopp ohne Krawatte. Bayer-Chef Werner Baumann (l), Finanzchef Wolfgang Nickl (M) und Stefan Oelrich, Leiter der Pharma-Sparte bei Bayer.

Foto: dpa/Oliver Berg

Im vergangenen Frühjahr hatten die Aktionäre von Bayer dem Vorstandschef des Leverkusener Chemieriesen noch die Entlastung verweigert. Doch dieser Akt des Misstrauens gegen Werner Baumann vor dem Hintergrund der noch heute andauernden Krise um die Monsanto-Übernahme blieb ohne Folgen. Knapp ein Jahr später, am Donnerstag bei der Bilanzpressekonferenz, macht Baumann den gewohnt selbstsicheren Eindruck. Da verkündet er eher lässig (ohne Krawatte) das Zahlenwerk des zurückliegenden Geschäftsjahres. Er erklärt die diversen Probleme um die Prozessniederlagen in den USA in Sachen Unkrautvernichter. Und es geht auch um die Auswirkungen des Coronavirus.

Nach Glyphosat nun Dicamba – Bayer-Prozesse in den USA

„Wir haben geliefert“, sagt Baumann immer wieder, als er die Erfolgszahlen verkündet (siehe Infokasten). Und das, obwohl man viel Gegenwind gespürt habe. Der Handelsstreit zwischen den USA und China habe das Geschäft schwieriger gemacht. Ebenso wie die weltweit extremen Klimabedingungen, „die direkte Auswirkungen auf die Ernten unserer Kunden hatten – und damit auf uns“.

Dann kommt Baumann natürlich auch auf das Thema Glyphosat zu sprechen – den Unkrautvernichter des von Bayer übernommenen US-Saatgutherstellers Monsanto. Die Zahl der Klagen von Menschen, die sich in ihrer Gesundheit durch die Anwendung des Mittels geschädigt fühlen, ist von 42.700 im vergangenen Oktober noch einmal auf jetzt 48.600 gestiegen. Gegen alle drei in erster Instanz gegen Bayer ergangenen Urteile laufen Berufungsverfahren. Diese wolle Bayer notfalls durch alle Instanzen betreiben. Parallel dazu beteilige man sich „weiterhin konstruktiv am laufenden Mediationsverfahren“. Wie lange dieses Schlichtungsverfahren noch dauere und wo dabei die Schmerzgrenze für einen möglichen Vergleich liege, will Baumann nicht sagen.

Der Bayer-Chef betont einmal mehr, dass Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung ein sicheres Produkt sei. Erst im Januar habe die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA das Ergebnis einer erneuten Sicherheitsbewertung von Glyphosat kommuniziert. Dabei habe die EPA „keinerlei Gesundheitsrisiken für den Menschen durch die Exposition gegenüber Glyphosat festgestellt“. Die Nutzung des Mittels sei nicht einmal im Heim- und Gartenbereich eingeschränkt worden.

Entschlossen gibt sich der Bayer-Chef mit Blick auf eine andere juristische Baustelle, die vor ein paar Tagen bekannt wurde. Ein Gericht im US-Bundesstaat Missouri hatte Bayer und BASF verurteilt, in einem Rechtsstreit um das Unkrautvernichtungsmittel Dicamba 265 Millionen Dollar an einen Landwirt zu zahlen. Der Bauer hatte Bayer und BASF vorgeworfen, durch den Einsatz des Herbizids Dicamba Teile seiner Pfirsichplantagen ruiniert zu haben. Dieses Mittel sei von benachbarten Baumwollfeldern verweht worden. Auch hier werde man Rechtsmittel gegen das „Fehlurteil“ einlegen, sagt Baumann entschlossen. In dem Verfahren seien keinerlei qualifizierte Beweise vorgelegt worden, „dass Dicamba auf der entsprechenden Farm überhaupt vorhanden oder für die Ernteverluste verantwortlich war“.

Coronavirus – kann ein Malaria-Mittel helfen?

Das weltweit bewegende Thema Coronavirus ist natürlich auch für den weltweit agierenden Bayer-Konzern eines. Zunächst einmal stellt Baumann klar, dass sich der am Vortag kommunizierte Verdachtsfall einer Infektion einer Bayer-Mitarbeiterin nicht bestätigt habe. In China habe man in der Bayer-Belegschaft einen Fall gehabt, in Italien sei kein entsprechender Fall bekannt.

Kann Bayer vielleicht helfen, das Coronavirus in den Griff zu bekommen? Stefan Oelrich, Chef der Pharma-Sparte bei Bayer, ist da vorsichtig: „Wir haben dafür unmittelbar keine zugelassenen Präparate“. Natürlich könnten Antibiotika eingesetzt werden. Die chinesischen Behörden hätten mit einer Vielzahl von Präparaten Tests auf zusätzliche Wirksamkeiten durchgeführt, die eigentlich nicht von der Zulassung der Medikamente als solcher gedeckt sind.

Auch mit einem Produkt, das normalerweise zur Malaria-Prophylaxe genutzt wird – Resochin – seien von chinesischen Behörden Tests gemacht worden. Dabei sei eine Wirksamkeit in Aussicht gestellt worden. Das müsse man aber mit Vorsicht genießen. Bayer sei in Kontakt mit Behörden und Krankenhäusern, um zu sehen, wie entsprechende Erkenntnisse in die Versorgung mit einfließen könnten. In Pakistan, dem einzigen Standort von Bayer für die Resochin-Produktion, habe man sofort reagiert und in der Herstellung „eine Sondercharge gefahren“, die Bayer nach China geliefert habe.

Man schaue sich derzeit im Zusammenhang mit dem Coronavirus auch andere bereits in Anwendung befindliche Produkte aus dem Bayer-Portfolio an. Doch man wolle damit nicht vorschnell an die Öffentlichkeit gehen, „damit hier nicht mögliche Fehlbehandlungen eintreten“, sagt Stefan Oelrich. Wie auch andere forschende Arzneimittelhersteller in Deutschland sei Bayer in dieser Sache mit den zuständigen Stellen und auch mit der Bundesregierung in Kontakt.

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