Kurzinterview Corona und die Wirtschaft: „Die größten Probleme kommen erst noch“

Wolfgang Gerke, Präsident des Bayerischen Finanz-Zentrums. spricht im Kurzinterview über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie.

 Finanzexperte Wolfgang Gerke über die Corona-Krise.

Finanzexperte Wolfgang Gerke über die Corona-Krise.

Foto: picture-alliance/ dpa/Frank Leonhardt

Herr Gerke, ist die Talsohle an den Börsen erreicht?

Wolfgang Gerke: Nein. Es wird sicher auch wieder Phasen der Erholung geben. Aber die größten Probleme im Zusammenhang mit dem Virus kommen erst noch auf uns zu.

Woraus schließen Sie das?

Gerke: In den ersten beiden Quartalsbilanzen der Unternehmen werden wir so richtig sehen, wie das Virus zugeschlagen hat. Auch das öffentliche Leben kommt immer mehr zum Erliegen. Taxifahrer klagen, dass sie keine Kunden mehr haben, die zu Konferenzen gefahren werden wollen. Die Luftfahrtindustrie leidet und vieles mehr. All das deutet darauf hin, dass die Börsen diesmal – anders als beim Sars-Virus - ein längerfristiges Szenario ohne nachhaltige Aufhellung erleben werden.

In welchen Zeiträumen denken Sie dabei?

Gerke: Diese Krise wird die Börsen über das gesamte Jahr belasten. Da ist aber der Virologe eine bessere Kursprognose als der Ökonom. Vor dem Hintergrund, was die Virologen uns sagen, wird das alles noch sehr folgenschwere Konsequenzen für die Wirtschaft haben. Weltweite Schäden inbegriffen.

Können Sie sich an eine vergleichbare Situation erinnern?

Gerke: Ja, wobei aber die Ausgangszenarien anders waren. Ich denke da an die Dotcom-Blase Anfang der 2000er Jahr, als die Märkte auf Höchststand waren und dann zusammengebrochen sind. Damals war das Virus in der Wirtschaft selbst. Jetzt ist der Auslöser völlig anders. Aber wir kommen ebenfalls von Höchstständen, die darauf zurückzuführen sind, dass das Geld durch die Notenbanken sehr billig ist. So wie Anfang der 2000er auch.

Sollte man jetzt Aktien kaufen, da sie so billig sind?

Gerke: Das ist nur etwas für Leute, die ein dickes Fell haben. Keiner weiß wirklich genau, wie weit die Kurse noch runter gehen. Wer sich trotzdem darauf einlässt, sollte nur überschaubare Beträge anlegen. Besser ist es, permanent zu investieren. Denn man wird nie den besten Einsteige- und den besten Aussteige-Punkt finden. Ich gehe davon aus, dass die Kurse zwischenzeitlich hochgehen, weil es einige Mutige gibt. Aber die wirtschaftlichen Daten werden über einen längeren Zeitraum so schlecht ausfallen, dass die Börsen noch stark leiden dürften. vet

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