Interview mit Michael Hüther : „Corona-Bonds sind ein klares und starkes Signal für die Finanzmärkte“
Berlin IW-Chef Michael Hüther hält Corona-Bonds im europäischen Anti-Krisen-Kampf für unerlässlich, den Euro-Schutzschirm ESM sieht er als Fehler an
Die Bundesregierung tritt für gemeinsame europäische Hilfsmaßnahmen im Kampf gegen die Folgen der Corona-Pandemie ein. Das haben Finanzminister Olaf Scholz und Außenamtschef Heiko Maas (beide SPD) jetzt noch einmal bekräftigt. Während Staaten wie Italien und Frankreich dabei sogenannte Euro-Bonds favorisieren, setzt Deutschland vor allem auf den Euro-Schutzschirm ESM. Warum Letzteres ein Fehler ist, erläutert der Direktor Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther.
Herr Hüther, worin besteht der grundlegende Unterschied zwischen Euro-Bonds und dem ESM?
Michael Hüther: Der ESM ist eine dauerhafte Einrichtung, um bei einer Bankenkrise oder Staatsschuldenkrise in einzelnen Ländern unter Bedingungen intervenieren zu können. Corona-Bonds sind die Finanzierungslösung für ein einmaliges Hilfspakt, das zur Bewältigung der Corona-Pandemie benötigt wird.
Der ESM wurde vor acht Jahren nach der Euro-Krise aufgelegt. Ist es nicht besser, existierende Rettungsmechanismen weiter zu entwickeln anstatt jetzt völlig neue zu schaffen?
Hüther: Schon Mitte der 1970er Jahre hat es gemeinsame Anleihen gegeben, um die Folgen der damaligen Ölkrise in Europa abzufedern. So neu ist das also nicht. Auch muss man bedenken, dass Milliardenhilfen über den ESM von Ländern wie Italien, Frankreich oder Spanien nachgefragt würden, die sich dann behandelt fühlen, als seien sie das Griechenland von 2015. Doch das sind sie nicht. Vielmehr geht es darum, Ländern zu helfen, die jetzt in besonderer Weise von der Pandemie betroffen sind.
Aber könnten Corona-Bonds nicht als Signal für drohende Zahlungsprobleme einzelner Staaten gewertet werden?