Bundesbank warnt vor Gefahren durch Geldschwemme

Hamburg (dpa) - Bundesbank-Vorstand Joachim Nagel hat vor der Bildung von Spekulationsblasen durch die extrem expansive Geldpolitik der Europäische Zentralbank (EZB) gewarnt. Es bestehe „die Gefahr, dass die Banken Risiken eingehen, die wir eigentlich nicht sehen wollen“.

Dies sagte Nagel am Montag im Interview mit „Spiegel online“: „Für uns ist deshalb wichtig, dass wir jetzt schon über Ausstiegsszenarien reden und den Märkten signalisieren: Es ist nicht selbstverständlich, dass es so wie in den letzten Monaten weitergeht.“

Weil einige Banken Probleme beim Zugang zum Markt hatten, liehen die Notenbanken der Eurozone ihnen im Dezember und Februar insgesamt mehr als eine Billion Euro zu besonders günstigen Konditionen über einen ungewöhnlich langen Zeitraum von drei Jahren. „Noch parken die Institute einen Großteil bei den Notenbanken, aber dafür bekommen sie nur 0,25 Prozent Zinsen“, sagte Nagel: „Da sie selbst ein Prozent Zinsen bezahlt haben, ist das für sie auf Dauer ein schlechtes Geschäft.“

Das erhöhe die Gefahr, dass Banken Risiken eingehen. Daher müsse die Bundesbank aufmerksam beobachten, was mit dem Geld passiert. Ob die Geschäftsbanken das billige Geld in Staatsanleihen investieren und einen kräftigen Gewinn einstreichen, könne nocht mit belastbaren Zahlen belegt werden, sagte Nagel: „Aber es ist naheliegend, dass Banken, die sich das Geld bei den Notenbanken besorgt haben, damit auch Staatsanleihen kaufen.“

Noch ist das Vertrauen der Geschäftsbanken untereinander laut Nagel nicht wieder ganz zurückgekehrt. Aber bald müssten die Institute „wieder die Kraft haben, sich selbst am Markt zu refinanzieren“. Sie dürften sich an die überreichliche Versorgung mit Geld nicht gewöhnen. „Die Banken müssen sich darauf einstellen, dass es damit irgendwann wieder vorbei sein wird.“

Nötig sei ein allmählicher Entzug, den man frühzeitig mit klaren Ansagen vorbereiten müsse, sagte der Bundesbank-Vorstand: „Die Finanzmärkte schreien sonst immer nach mehr Geld und tun so, als würde die Welt zusammenbrechen, falls sie es nicht bekommen.“

Nagel hat nach eigener Aussage den Glauben an die Effizienz der Finanzmärkte verloren. „Wir dachten, die Risiken wären kontrollierbar“, sagte er mit Blick auf die seit Jahren dauernde Krise. „Wir haben an die Effizienz der Finanzmärkte geglaubt. Die Theorie, dass jeder Investor immer rational entscheidet, hat uns geprägt. Heute wissen wir, dass das alles nicht stimmt.“

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