Bundesbank: Deutsche Wirtschaft kommt nicht in Fahrt

Frankfurt/Main/Berlin (dpa) - Die deutsche Wirtschaft brummt, doch die Meinungen der Experten über die weiteren Aussichten gehen auseinander. Derzeit fehle es „erkennbar an konjunkturellem Schwung“, schreibt die Bundesbank in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht.

Der kalte Februar dämpfte die Wirtschaftsaktivität, die Produktion am Bau brach regelrecht ein. „Die Industrie erreichte auch nach dem Jahreswechsel 2011/2012 nicht das hohe Aktivitätsniveau des letzten Sommers“. Insgesamt bescheinigte die Notenbank der deutschen Wirtschaft jedoch eine „gute Grundkonstitution“.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet für Deutschland hingegen einen kleinen Aufschwung bis ins nächste Jahr hinein. Nach schwachen Wintermonaten, aber ohne Rezession, habe sich der Konjunkturausblick erkennbar aufgehellt, sagte IW-Direktor Michael Hüther am Montag in Berlin. Auch mit der Beschäftigung werde es weiter aufwärtsgehen.

In der Bundesregierung wächst derweil der Optimismus. Nach einem Bericht der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstagausgabe) rechnet sie in ihrer Frühjahrsprognose für 2013 mit einem Wirtschaftswachstum von 1,6 bis 1,9 Prozent, nach 1,6 Prozent zuvor. Für das laufende Jahr werde mit 0,6 bis 0,9 Prozent gerechnet, statt bislang 0,7 Prozent.

Für dieses Jahr rechnen die Experten aus Köln mit 1,25 Prozent Wachstum und bestätigten damit die Prognose aus dem vergangenen Herbst. Das arbeitgebernahe IW liegt damit klar über der Schätzung von lediglich 0,9 Prozent, die das Frühjahrsgutachten führender Institute in der vergangenen Woche auswies. Ähnlich zuversichtlich ist der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI): Er hält jetzt ein Prozent Wachstum für erreichbar. 2013 dürfte die Wirtschaftsleistung dann um 2,0 Prozent steigen, meinte IW-Chef Hüther.

Die Unternehmen beurteilten ihre aktuelle Lage ganz überwiegend als gut oder zumindest befriedigend und stellten neues Personal ein, heißt es bei der Bundesbank. Zu der guten Stimmung trugen vor allem gestiegene Aufträge aus Ländern außerhalb der EU bei. Die Bestellungen aus dem von der Schuldenkrise gebeutelten Euro-Raum neigten hingegen weiter zur Schwäche. Impulse für die Konjunktur kommen aus Sicht der Notenbank aus dem Inland. Die gute Lage auf dem Arbeitsmarkt und höhere Lohnabschlüsse stärkten den Konsum.

Im Schlussquartal 2011 war die deutsche Wirtschaft erstmals seit der Rezession 2009 wieder leicht geschrumpft. Von Oktober bis Ende Dezember sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,2 Prozent zum Vorquartal. Die Bundesbank erwartet für das Gesamtjahr 2012 ein Wirtschaftswachstum von 0,6 Prozent, ist also skeptischer als die Institute in ihrem Frühjahrsgutachten.

Die wirtschaftliche Dynamik werde im Laufe des Jahres zunehmen, sagte BDI-Präsident Hans-Peter Keitel am Montag auf der Hannover Messe. „Wir setzen auf Erholung im zweiten Halbjahr“, sagte er. Allerdings sei die Entwicklung in den einzelnen Branchen stark unterschiedlich. Die Lage am Arbeitsmarkt sei so gut wie seit 20 Jahren nicht mehr. „Die Industrie schafft gegenwärtig rund 500 neue Arbeitsplätze täglich“, betonte Keitel.

IW-Forscher Hüther erklärte, Deutschland profitiere von seiner starken Präsenz auf den internationalen Märkten und werde bis 2013 in Westeuropa die Wachstumslokomotive blieben, „die ein noch stärkeres Abdriften des Euroraums verhindert“. Als Hauptrisiken nannte Hüther steigende Öl- und Rohstoffpreise, geopolitische Konflikte wie den Atomstreit mit Iran und die noch nicht gelösten Schuldenkrisen in Europa und den USA.

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