Britische Regierung ruft Bankenchef vor Ausschuss

London (dpa) - Großbritannien lässt einen der Chefs seiner Skandalbanken vor einem Ausschuss des Parlaments auftreten. Unter anderem soll Barclays-Chef Bob Diamond in der kommenden Woche vor dem Komitee Rede und Antwort stehen.

Das berichteten mehrere Medien am Wochenende übereinstimmend. Themen sollen neben dem sogenannten Liborzinssatz etwa mögliche strafrechtliche Sanktionen sein, hieß es.

Mehrere Banken sollen versucht haben, den Liborsatz zu beeinflussen. Dieser legt unter anderem fest, zu welchem Zinssatz sich Banken gegenseitig Geld leihen. Er wird auch als Benchmark für den Derivatehandel verwendet.

In der vergangenen Woche war bekanntgeworden, dass die britische Barclays an die Finanzaufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien sowie an das US-Justizministerium eine Strafe in Höhe der Rekordsumme von 290 Millionen Pfund (rund 345 Mio Euro) zahlen muss. In einer Mitteilung auf der Internetseite der britischen Aufsicht FSA war unter anderem von Fällen in den Jahren 2005 bis 2008 die Rede.

Auch die Royal Bank of Scotland (RBS), die größtenteils verstaatlich ist, steht unter Verdacht. Am Sonntag berichteten Medien, bei RBS seien bereits Ende 2011 Händler wegen Verwicklung in den Fall entlassen worden. Im Visier der Ermittler stehen zudem mehrere Großbanken in Europa und den USA.

Zahlreiche Politiker und Wirtschaftsexperten hatten in den vergangenen Tagen Untersuchungen des Falles gefordert. Auch war Diamond zum Rücktritt aufgerufen worden. Am Sonntag ermutigte der britische Wirtschaftsminister Vince Cable Aktionäre bei britischen Banken, die Vorstände stärker an die Kandare zu nehmen und „systematischen Missbrauch“ zu stoppen. Die Spitzen führender britischer Banken hätten sich als schwach erwiesen, schrieb Cable in einem Artikel für die Zeitung „Observer“. Niemand wolle die Verantwortung übernehmen.

Der Labour-Vorsitzende Ed Miliband rief die Regierung dazu auf, eine umfassende öffentliche Untersuchung des Verhaltens von Händlern und Banken allgemein ins Leben zu rufen - vergleichbar mit der Leveson-Untersuchung zum Fehlverhalten bei Medien und Presse. „Einzelne Pflaster werden diese Wunde nicht heilen“, erklärte Miliband.

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