Bahn: Flüsterbremsen sollen Anwohner entlasten

Güterzüge könnten leiser werden: Eine Nachrüstung ist möglich. Doch die Frage ist, wer die Kosten übernimmt.

Brüssel. Mehr Gütertransport auf den Schienen - das ist ein Trend, den Umweltschützer begrüßen. Schließlich gilt die Bahn als umweltfreundlich und genießt entsprechenden Rückhalt bei der Bevölkerung. Allerdings droht sie, den Bonus zu verlieren. Schuld daran ist der Lärm.

Entlang der Gütertransport-Trassen - etwa durchs Mittelrheintal - entwickelt sich massiver Widerstand gegen die Bahn. Dabei kann der Lärm mit der richtigen Technik, den so genannten Flüsterbremsen, halbiert werden.

Güterzüge sind bis zu 80 Dezibel laut, das haben Messungen des Umweltbundesamtes ergeben. In dieser Beziehung liegen sie gleichauf mit der Konkurrenz auf der Straße. Auch Lkw verursachen derartigen Krach. Züge, ausgerüstet mit Flüsterbremsen sind bis zu 10 Dezibel leiser - für das Gehör halbiert sich der Lärmpegel. Denn das Ohr funktioniert nicht nach Dezibel, sondern nimmt geringe Messunterschiede als deutliche Verbesserung wahr.

Allerdings sind bisher nur neue Güterwagen mit der Technik ausgestattet. Das Problem: Ein klassischer Güterwaggon ist bis zu 40 Jahre im Einsatz - und die Umrüstung ist teuer. Sie wird von Bund, EU und sogar Bahn zwar eindeutig gewünscht. Uneinig sind sich die Parteien jedoch, wer das bezahlen soll. Pro Waggon werden 4000 Euro fällig. Will man alle deutschen Waggons umrüsten, wären 500 Millionen Euro nötig.

Für die Waggonbesitzer ist das schwer zu finanzieren. Deshalb setzen EU und Bund auf Anreize. Sie wollen ein lärmbasiertes Preissystem einführen. Im Klartext: Wer Waggons mit neuester Technik einsetzt, zahlt einen geringeren Trassenpreis.

Diese indirekte Subventionierung stößt bei Bahnbetreibern auf Widerstand. Ihre Befürchtung: "Wenn die Trassenpreise insgesamt angehoben werden, dann zahlt der Sektor den Bonus ja selbst", warnt der ehemalige DB-Geschäftsführer und jetzige Vorsitzende der Gemeinschaft der europäischen Eisenbahnen, Johannes Ludewig. Das führe zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Lkw. Zwar könnten die EU-Länder auch Lastwagenhalter für Lärm-Emissionen zur Kasse bitten, "das ist aber eine Kann-Bestimmung".

Unterstützung erhalten die europäischen Bahnen von der Allianz Pro Schiene. Sie sieht das lärmbasierte Preissystem nur als "zweitbeste Lösung". Direkte Subventionen hält die Allianz für wirkungsvoller. Schließlich sei die Lärmschutz-Infrastruktur, also der Bau von Lärmschutzwänden, Sache des Bundes. "Setzt man diese Mittel stattdessen an der Lärmquelle direkt ein, profitieren alle Menschen, nicht nur die im Umfeld einer Lärmschutzwand."

Im Moment wird geprüft, welche Fördermethode am sinnvollsten ist. Einigkeit herrscht, dass das Problem Lärm europaweit direkt am Rad bekämpft werden soll.

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