Bundestag Aus für den Widerruf alter Immobilienkredit-Verträge

Gesetz verbaut Kunden die Möglichkeit, Banken wegen fehlerhafter Belehrung in die Pflicht zu nehmen. Am 21. Juni ist Schluss.

Nach der Neuregelung der Immobilienrichtlinie ist der Widerruf nur noch bis zum 21. Juni möglich. (Symbolfoto)

Nach der Neuregelung der Immobilienrichtlinie ist der Widerruf nur noch bis zum 21. Juni möglich. (Symbolfoto)

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Düsseldorf. Einfacher Ausstieg aus hochverzinsten Immobilien-Kreditverträgen — diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber vielen Tausend Bankkunden nun verbaut. In einer Auseinandersetzung mit ihrer Bank können sie nur noch bis zum 21. Juni den „Widerrufsjoker“ ziehen. Der Bundestag hat jetzt nämlich die sogenannte Immobilienkreditrichtlinie neu geregelt.

Es geht um Immobilienkredite aus der Zeit von 2002 bis 2011. Diese enthielten in sehr vielen Fällen eine den gesetzlichen Ansprüchen nicht genügende Widerrufsbelehrung durch die Banken. Experten schätzen, dass solche Fehler in etwa 80 Prozent der damaligen Verträge enthalten sind. Was sich im Nachhinein für die Kunden besonders günstig auswirken kann.

Der Grund dafür ist folgender: Jeder Bankkunde kann einen Kreditvertrag ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss widerrufen, wenn er es sich anders überlegt. Diese Frist beginnt aber erst gar nicht zu laufen, wenn die schriftliche Widerrufsbelehrung formelle Fehler aufweist. Dann kann der Kunde noch Jahre später sein Widerrufsrecht ausüben. Er kann also aus dem Altvertrag mit den früher hohen Zinsen von fünf und mehr Prozent aussteigen und einen in Niedrigzinszeiten viel günstigeren Kredit abschließen. Ein solcher Widerruf ist für den Kunden wesentlich günstiger als eine Kündigung des Kreditvertrags, da die Bank bei einer Kündigung eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung verlangen darf.

Verbraucheranwalt Reiter beklagt einen Erfolg der Bankenlobby Der Düsseldorfer Verbraucheranwalt Julius Reiter war zwar im Gesetzgebungsverfahren vor dem Bundestagsausschuss als Experte geladen, konnte die Neuregelung aber nicht verhindern. Gegenüber unserer Zeitung zieht er ein verbittertes Fazit:„Die Banken haben den Gesetzgeber dazu gebracht, die Kohlen für sie aus dem Feuer zu holen.“

Reiter weist darauf hin, dass die Banken doch jederzeit die Möglichkeit gehabt hätten, gegenüber ihren Kunden eine korrekte Widerrufsbelehrung nachzuholen. „Aber das wollten sie nicht, um keine schlafenden Hunde zu wecken und die Kunden nicht dazu zu bringen, ihr Recht wahrzunehmen.“ Und nun übernehme der Gesetzgeber das Ganze für sie. „Mir scheint, dass die Bankenlobby hier ordentlich interveniert hat“, vermutet Reiter.

Ulrich Kelber (SPD), parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium, rechtfertigt die Neuregelung so: „Das Widerrufsrecht wird von Rechtsanwaltskanzleien sozusagen als Widerrufsjoker genutzt, nach dem Motto: Nutzen Sie die jetzt niedrigeren Zinsen!“ Dadurch würden vor allem Banken und Sparkassen belastet, die Kredite zu fairen Konditionen angeboten und nicht versucht hätten, die Kunden zu übervorteilen. Wegen der späten Widerrufe würden ihre Bilanzen durch hohe Kosten aus abgelaufenen, erfüllten Verträgen belastet.

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