Arbeitsmarkt trotzt der Flaute: 3,156 Millionen ohne Job

Nürnberg (dpa) - Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich weitgehend immun gegen die Folgen der aktuellen Wirtschaftsflaute. Mit einem Anstieg um 18 000 auf 3 156 000 sei die Februar-Arbeitslosigkeit nur halb so stark gestiegen wie im Schnitt der vergangenen drei Jahre, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA).

Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es allerdings 46 000 Erwerbslose mehr. Insgesamt waren im Februar 7,4 Prozent aller Menschen im erwerbsfähigen Alter arbeitslos - ebenso viele wie im Vorjahr und im Vormonat.

BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise zeigte sich angesichts der Entwicklung zufrieden: „Der deutsche Arbeitsmarkt scheint die schwache wirtschaftliche Entwicklung der letzten Monate gut zu verkraften und zeigt sich insgesamt weiter robust. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Februar hat jahreszeitliche Gründe.“ Eine Zunahme der Erwerbslosigkeit in dieser Größenordnung ist im Februar üblich.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) reagierte erfreut auf die jüngsten Daten. „Wir sehen wieder einen ausgesprochen robusten Arbeitsmarkt“, sagte von der Leyen in Brüssel. Nun gelte es vor allem, den Bedarf an Fachkräften zu sichern. Dabei könne der am Vortag vom Kabinett beschlossene leichtere Zuzug für Arbeitnehmer aus dem Ausland helfen.

Zurückhaltend äußerte sich Weise zu den möglichen Folgen für die europäische Wirtschaft und den deutschen Arbeitsmarkt nach dem Patt bei den italienischen Wahlen. „Der Umgang mit den Staatsschulden im europäischen Raum hat immer Einfluss auf den Arbeitsmarkt“, betonte der Bundesagentur-Chef. „Und da man jetzt nicht weiß, wie in Italien entschieden wird, bedeutet das auch ein Risiko.“ Schließlich sei Italien die drittgrößte Wirtschaftsmacht in Europa.

Die Arbeitsmarkt-Entwicklung in den kommenden Monaten sieht Weise verhalten optimistisch. „Wir haben da keine gleichmäßige Entwicklung. Zum einen erleben wir eine Nachfrageschwäche bei Investitionsgütern. Außerdem haben wir eine außerordentliche Schwäche bei Automobil-Exporten. Das wird teilweise kompensiert durch eine starke Immobilien-Nachfrage“, erläuterte der BA-Manager. „Wir sehen zwar keine dramatische Entwicklung. Aber jeder dieser Einflüsse kann den Arbeitsmarkt in die eine oder andere Richtung noch drehen. Die Unsicherheit bleibt.“

Derweil scheint die Kurzarbeit zum Abpuffern von Auftragsflauten bei den Unternehmen leicht an Bedeutung zu verlieren. Nach Angaben von BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker haben im Dezember rund 72 000 Beschäftigte kurzgearbeitet, das sind etwa 5500 weniger als im Monat davor. Auch die Zahl der vorsorglichen Anmeldungen von Kurzarbeit bewege sich seit rund vier Monaten in der Größenordnung von 45 000. „Damit liegt die Kurzarbeit auf einem Niveau, das ganz normal für eine Volkswirtschaft ist“, betonte Becker.

Vorbei sind nach den neuesten BA-Zahlen die Zeiten des rasanten Beschäftigungszuwachses. Zwar hätten Betriebe in den vergangenen Monaten weiterhin neue Jobs geschaffen - aber längst nicht mehr in dem Maße wie etwa im Boomjahr 2011, räumte Weise ein. Insgesamt gab es zuletzt im Januar 41,4 Millionen Erwerbstätige in Deutschland - das waren 239 000 mehr als ein Jahr zuvor. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg binnen Jahresfrist um 353 000 auf 29,14 Millionen (Dezemberzahlen). Allerdings waren von Dezember 2010 auf Dezember 2011 noch doppelt so viele Arbeitsplätze entstanden.

Als „robust“ schätzt auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die aktuelle Arbeitsmarktlage ein. Nun müsse die Bundesregierung dafür sorgen, dass geringfügig Beschäftigte besser bezahlt würden. „Nicht "Hauptsache Job" darf länger das Motto bei der Arbeitsvermittlung sein, sondern "vor allem auskömmlich und dauerhaft"“, unterstrich das DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki. Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt warnte dagegen davor, die Jobchancen von Langzeitarbeitslosen durch eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro zu schmälern.

Kritisch beurteilen vor allem die Oppositionsparteien im Bundestag die aktuelle Arbeitsmarktlage. So sieht die Linkspartei die Krisengefahr weiterhin nicht gebannt. Die Bundesregierung müsse aktiv werden, um den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. In den Augen der Grünen hat es die schwarz-gelbe Koalition versäumt, rechtzeitig „die Weichen für gute Arbeit, bessere Einkommen und mehr Fachkräfte zu stellen“. Noch immer arbeiteten zu viele Menschen unter prekären Bedingungen. Auch die SPD sprach sich für einen gesetzlichen Mindestlohn aus. Mit einer Gesetzesinitiative im Bundesrat solle dieser nun zügig auf den Weg gebracht werden.

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