Aktionäre lehnen Millionenboni an der Wall Street ab

New York (dpa) - Diese Meldung dürfte die Bosse der Wall Street aufgeschreckt haben: Die Aktionäre der Citigroup haben Nein gesagt zur Bezahlung der Bankführung.

Der Einspruch gegen die Millionengehälter grenzt an eine Rebellion. Bei keiner der bedeutenden US-Banken ist es bislang vorgekommen, dass Anteilseigner den Spitzenmanagern ihre fetten Bezüge verweigert haben. Schließlich sind die Investoren früher selbst oft Banker gewesen, die sich nach einer aufreibenden Karriere an der Wall Street eine ruhigere Beschäftigung etwa bei einem Pensionsfonds gesucht haben. Und eine Krähe hackt einer anderen kein Auge aus. Normalerweise.

Doch der Frust bei den Citigroup-Aktionären sitzt tief. Während das Gehalt von Bankchef Vikram Pandit auf beinahe 15 Millionen Dollar (11 Mio Euro) im vergangenen Jahr hochgeschnellt war, mussten die Anteilseigner horrende Verluste verkraften. Anfang 2011 war eine Aktie noch rund 50 Dollar wert, Ende des Jahres nur noch etwas mehr als die Hälfte. Zuletzt erholte sich das Papier auf 35 Dollar - was aber immer noch ein Desaster für all jene ist, die ihr Geld in die Bank gesteckt haben.

Die Aktionäre - die Besitzer der Bank - wollen den Bankbossen, sozusagen ihren Angestellten, dieses krasse Missverhältnis nicht mehr durchgehen lassen. Nur 45 Prozent der Citigroup-Anteilseigner zeigten sich auf der Hauptversammlung am Dienstag mit den Gehältern einverstanden. Üblich ist eine Zustimmungsquote, die an die Wahlergebnisse im früheren Ostblock erinnert. „Es ist eine ernste Angelegenheit“, räumte der scheidende Verwaltungsratschef Richard Parsons ein, der als oberster Kontrolleur über die Bezüge der Bankmanager wacht. Zwar ist das Votum nicht bindend, doch ist es ein Warnschuss. Parsons kündigte an, auf die Aktionäre zuzugehen und nach einer Lösung zu suchen.

Dass er überhaupt in diese Verlegenheit kommt, ist eine Folge der Finanzkrise. Die US-Regierung hatte die Abstimmung über die Chefgehälter eingeführt, nachdem die Bosse schon kurz nach dem großen Crash des Jahres 2008 wieder dick absahnten. Die Regel heißt im Englischen griffig „Say on Pay“ - grob übersetzt „Sag was zur Bezahlung“. Tatsächlich haben sich bislang aber bei den wenigsten börsennotierten Firmen die Anteilseigner gegen die Gehälter der Chefs ausgesprochen, wie die Aktionärsberatungsfirma ISS Proxy Advisory Services festgestellt hat.

Die Citigroup-Manager gehören gar nicht mal zu den Spitzenverdienern. Zum Vergleich: Der Chef der größten US-Bank JPMorgan Chase, Jamie Dimon, kassierte im vergangenen Jahr insgesamt 23,1 Millionen Dollar, Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein kam auf 16,2 Millionen. In anderen Branchen wird noch mehr gezahlt: Rex Tillerson vom US-Ölmulti ExxonMobil durfte sich über 34,9 Millionen Dollar freuen, sein Kollege John Watson von Chevron über 24,7 Millionen. Den Vogel schoss Apple-Chef Tim Cook ab mit unglaublichen 378 Millionen Dollar - wovon wie üblich der größte Batzen aber in Aktien gezahlt wird.

Auch in Deutschland verdienten die Manager nicht schlecht. So kam VW-Lenker Martin Winterkorn auf ein Jahresgehalt von rund 16,6 Millionen Euro oder umgerechnet 21,8 Millionen Dollar. Doch nicht mal die IG Metall missgönnte Winterkorn den Inhalt seiner Lohntüte letztlich - schließlich geht es VW gut und damit auch den Beschäftigten. Bei Apple wiederum blieb ein Aufschrei aus, weil der Aktienkurs angesichts der Verkaufserfolge von iPad und iPhone in die Höhe geschossen war - und somit nicht nur Konzernchef Cook, sondern auch die Anteilseigner absahnten.

Bei der Citigroup sieht das anders aus. Das New Yorker Institut gehört zu den Banken, die ohne staatliche Hilfe in der Finanzkrise zusammengebrochen wären. Die Regierung pumpte 45 Milliarden Dollar in die einstige Perle der US-Bankenwelt. Pandit, der als Sanierer geholt wurde, war sich dessen durchaus bewusst und begnügte sich im Jahr 2010 mit einem symbolischen Gehalt von einem Dollar. Doch 2011, als die Citigroup einen Gewinn von 11,1 Milliarden Dollar einfuhr, endete die Bescheidenheit und das Gehalt schnellte auf 14,9 Millionen Dollar hoch. Das war zuviel für die Aktionäre.

Verwaltungsratschef Parsons bemühte sich, die Wogen zu glätten. Er kündigte an, dass die Regeln für die Vergütung der Topmanager überprüft würden. Ob tatsächlich etwas passiert, ist offen - zumal Parsons am Dienstag seinen letzten Auftritt als Vorsitzender des Verwaltungsgremiums hatte. Mit Ablauf der Hauptversammlung übernahm Michael O'Neill den Posten des Chefkontrolleurs. Nun müssen sich die Aktionäre mit ihm auseinandersetzen.

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