2013: Forschungsinstitute erwarten kleines Wirtschaftswachstum

Frankfurt/Main (dpa) - Nach der Konjunkturflaute im Winter rechnen führende Ökonomen im kommenden Jahr wieder mit Rückenwind für die deutsche Wirtschaft. Dabei setzen sie auf eine anziehende Weltkonjunktur und die Eindämmung der Euro-Schuldenkrise. Die dpa hat Experten bei Forschungsinstituten, dem Sachverständigenrat und dem DIHK zu den Aussichten für 2013 befragt:

Berlin (dpa). Was werden 2013 die Wachstumstreiber sein? Mit welchem BIP-Wachstum für Deutschland und die Eurozone rechnen Sie für 2013?

DENNIS SNOWER, IfW KIEL: „Für Deutschland liegt die Erwartung knapp unter 1 Prozent, für die Eurozone gibt es allenfalls ein leichtes Plus. Allerdings rechnen wir immer noch damit, dass sich die Konjunktur im Verlauf von 2013 belebt, dann getragen von wieder stärkeren Exporten und höheren Unternehmensinvestitionen.“

ROLAND DÖHRN, RWI ESSEN: „In Deutschland dürften der private Konsum und die Bauinvestitionen die Expansion treiben; letztere profitieren von den außerordentlich niedrigen Zinsen, aber womöglich auch von einer Flucht in Sachwerte. Europaweit kommen Impulse mehr von der Außenwirtschaft, wobei hinter dem positiven Wachstumsbeitrag eher schwache Importe als starke Exporte stehen.“

OLIVER HOLTEMÖLLER, IWH HALLE: „Die Geschäftsaussichten und die aktuellen Auftragseingänge der Industrie sind wieder gestiegen, vor allem dank abermals zunehmender Bestellungen aus dem Ausland. Die Produktionsdynamik bleibt im ersten Halbjahr 2013 insgesamt aber noch schwach, da sich die Weltkonjunktur nur allmählich kräftigt und die inländische Nachfrage noch von der Investitionszurückhaltung der Unternehmen belastet wird. Im späteren Verlauf des Jahres 2013 und bis in das Jahr 2014 hinein dürfte sich, sofern die Eindämmung der Schuldenkrise im Euroraum gelingt, die konjunkturelle Lage deutlicher aufhellen. Dann dürften auch wieder Zuwachsraten in Höhe des Potenzialwachstums möglich werden. Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland dürfte im Jahr 2013 mit 0,7 Prozent nochmals eher mäßig zunehmen.“

CHRISTOPH M. SCHMIDT, WIRTSCHAFTSWEISER: „Für den Verlauf des Jahres 2013 ist damit zu rechnen, dass die Veränderungsrate wieder langsam ansteigt. Der Sachverständigenrat geht davon aus, dass die Zuwachsrate im Jahresdurchschnitt wiederum 0,8 Prozent erreichen wird. Dabei wird erwartet, dass bei den Ausrüstungsinvestitionen zu Jahresbeginn 2013 eine Bodenbildung erreicht ist. Insgesamt dürfte dies dazu führen, dass die inländische Verwendung im Jahr 2013 wieder Wachstumsimpulse sendet. Für den Euroraum hat der Sachverständigenrat einen Rückgang des BIP um 0,1 Prozent prognostiziert.“

HANS HEINRICH DRIFTMANN, DIHK-PRÄSIDENT: „Rekordbeschäftigung, steigende Einkommen und stabile Preise sind gute Vorgaben für ein neuerliches leichtes Konsumplus bei uns im neuen Jahr. Auch die Nachfrage von Kunden außerhalb der Eurozone entwickelt sich weiterhin erstaunlich robust. Diese Faktoren können krisenbedingte Bremseffekte ausgleichen. Unter dem Strich rechnen wir daher für 2013 noch mit einem Wachstum von 0,7 Prozent. Ich hoffe, dass die Euroländer insgesamt zugleich die Rezession überwinden - aber mehr als eine schwarze Null ist da nicht möglich.“

Wie lange kann die deutsche Wirtschaft noch der Motor für Europa sein und wovon hängt das ab?

DENNIS SNOWER, IfW KIEL: „Mit einem Wirtschaftswachstum von weniger als einem Prozent kann die deutsche Wirtschaft nicht weiterhin der Motor für Europa bleiben. Rückläufiges Exportgeschäft und stagnierende Binnennachfrage werden voraussichtlich dafür verantwortlich sein.“

OLIVER HOLTEMÖLLER, IWH HALLE: „Die konjunkturelle Schwäche in den Krisenländern wird noch eine ganze Weile anhalten. Ob sich Deutschland davon abkoppeln kann, hängt unter anderem von der Dynamik in den übrigen Exportdestinationen ab.“

CHRISTOPH M. SCHMIDT, WIRTSCHAFTSWEISER: „Deutschland ist aufgrund seiner Exportorientierung stark von der Entwicklung in den Abnehmerländern abhängig. Bislang konnte es die Schwäche im Euroraum durch zusätzliche Exporte insbesondere in die Schwellenländer ausgleichen. Aber auch dort zeigen sich nun erste Anzeichen einer wirtschaftlichen Schwäche. Insofern ist es für Deutschland von hoher Bedeutung, dass für den Euroraum nun endlich Lösungen gefunden werden, die das Vertrauen wieder herstellen. Dann könnten in Deutschland die Investitionen wieder anspringen.“

HANS HEINRICH DRIFTMANN, DIHK-PRÄSIDENT: „Deutschlands Nachfrage hält die Exporte seiner europäischen Handelspartner weiter in Schwung. Immerhin sind in den letzten vier Jahren die deutschen Einfuhren aus den Euro-Nachbarländern um 14 Prozent gewachsen. Die Lieferungen zu uns können die vielerorts schwache Binnennachfrage aber nicht vollständig kompensieren. Dafür müssen in vielen europäischen Ländern auch Investitionen und Beschäftigung wieder zulegen - und dazu braucht es ein geduldiges Festhalten am Reformkurs.“

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