Zypern beeinflusst deutsche Verbraucher höchstens kurzzeitig

Nürnberg (dpa) - Die Schuldenkrise ist zurück. Die ursprüngliche Absicht, in Zypern auch Kleinsparer heranzuziehen, hat für Unruhe gesorgt. Doch Zypern ist weit - die deutschen Verbraucher jedenfalls werden sich Analysten zufolge höchstens vorübergehend verunsichern lassen.

Wenn überhaupt.

Es war ein Tabubruch, der nicht nur die Menschen in Zypern schockte: Zwar ist der Plan, zur Bewältigung der Krise auch die Rücklagen von Kleinsparern anzuzapfen, mittlerweile verworfen. Doch auch in Deutschland rückte die Euro-Schuldenkrise dadurch für viele wieder ins Bewusstsein - nachdem sie in den vergangenen Monaten zunehmend in den Hintergrund getreten war.

Dennoch sind Analysten der Meinung, dass sich das Verhalten der hiesigen Verbraucher wegen Zypern nicht wesentlich ändern wird. Allzu begrenzt scheint die Krise des kleinen Inselstaates, und allzu gut sind die Rahmenbedingungen hier in Deutschland.

„Ich glaube, dass sich die Haushalte grundsätzlich nicht allzu sehr aus der Ruhe bringen lassen“, betont etwa DekaBank-Experte Andreas Scheuerle. Denn der normale Verbraucher lasse sich vor allem von den Faktoren beeinflussen, die ihn und sein Portemonnaie ganz unmittelbar betreffen. Und in dieser Hinsicht schaut es in Deutschland derzeit ziemlich gut aus, wie auch das noch vor der Zypern-Eskalation erhobene GfK-Konsumklima vom Mittwoch zeigt.

„Der Arbeitsmarkt ist stabil und zeigt nach einigen Monaten der sanften Korrektur jetzt wieder nach oben“, erläutert Scheuerle. Auch die Tariflöhne würden 2013 voraussichtlich ähnlich stark zulegen wie im vergangenen Jahr, „so dass sie Einkommensperspektive stabil ist“. Ein weiterer wichtiger Punkt, den Scheuerle ebenso anführt wie andere Konsumexperten: „Die Inflation ist rückläufig.“

„Es kann gut sein, dass kurzfristig etwas Verunsicherung da ist. Aber die gute konjunkturelle Lage in Deutschland wird überzeugen“, argumentiert auch Lothar Heßler vom Bankhaus HSBC Trinkaus. „Das liegt auch daran, dass die Situation jetzt nicht die gleiche Größenordnung und die Dramatik hat, die sie Mitte letzten Jahres mit Italien und Spanien hatte.“

Mit anderen Worten: Die Deutschen werden sich die Lust am Shoppen trotz der Rettungsaktion für Zypern nicht verderben lassen. Nicht nur Heßler rechnet deshalb weiterhin mit einem Anstieg des privaten Verbrauchs um rund ein Prozent in diesem Jahr. Zumal die wachsende Weltwirtschaft die deutschen Exporte ankurbeln und damit den hiesigen Arbeitsmarkt stützen werde.

Auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, erwartet nicht, dass die Zypern-Krise auf die Verbraucherstimmung hierzulande durchschlägt. „Was den Konsum treibt und stützt ist die Tatsache, dass die Arbeitslosigkeit gesunken ist, die Beschäftigung steigt, und dass die Zeit der ultraniedrigen Lohnabschlüsse vorbei ist.“ Selbst auf ihrem Höhepunkt habe die Euro-Staatsschuldenkrise die Konsumneigung der Deutschen schließlich kaum gedämpft.

Im Gegenteil: Das Marktforschungsunternehmen GfK, das monatlich den Konsumklimaindex ermittelt, stellt seit geraumer Zeit eine „Flucht in Sachwerte“ fest. Gemeint ist damit, dass verunsicherte Verbraucher ihr Geld lieber für Immobilien, Autos oder Gold ausgeben, statt es auf die Bank zu tragen. Zumal es dort derzeit so gut wie keine Zinsen auf das Ersparte gibt.

Entsprechend könnte sich auch die Zypern-Krise eher stützend auf den privaten Verbrauch auswirken. „Da ist davon auszugehen, dass die Sparneigung einen weiteren Rückschlag erleiden wird“, erläutert GfK-Experte Rolf Bürkl unter Verweis auf mehrere Umfragen, nach denen rund die Hälfte der Bürger aktuell Angst um ihr Erspartes hat. „Und das könnte auf der anderen Seite dem Konsum zugutekommen - dass sich Verbraucher also noch stärker für Anschaffungen entscheiden statt zu sparen.“

Doch letztlich rechnen viele Fachleute damit, dass sich die Zypern-Krise höchstens kurzzeitig merklich auf die Verbraucherstimmung in Deutschland auswirkt. „Es ist im Moment wirklich eine isolierte Geschichte, es gibt keine Anzeichen dafür, dass es Ansteckungseffekte gibt“, betont DekaBank-Experte Scheuerle. „Die Welt heute ist eine andere als in den letzten Jahren. Und das ist dem Bekenntnis (des EZB-Präsidenten Mario) Draghis zu verdanken, alles zu tun, um den Euro zu retten.“

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